Niederösterreich

Akademiker trifft Corona am Arbeitsmarkt besonders hart

Die Zahl der arbeitslosen Akademiker in Niederösterreich ist um 20,3 Prozent gestiegen. Deutlich stärker als die Gesamtarbeitslosigkeit.

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Wolfgang Ecker (Präsident WKNÖ), Sven Hergovich (Landesgeschäftsführer AMS NÖ) und Markus Wieser (Präs. AK NÖ, Vors. ÖGB NÖ).
Wolfgang Ecker (Präsident WKNÖ), Sven Hergovich (Landesgeschäftsführer AMS NÖ) und Markus Wieser (Präs. AK NÖ, Vors. ÖGB NÖ).
photonews.at/Georges Schneider

Die Zahl der arbeitslosen Akademiker ist in Folge der Corona-Krise am Arbeitsmarkt um 20,3 Prozent gestiegen. Dieser Wert liegt deutlich über dem Anstieg der Gesamtarbeitslosigkeit in Niederösterreich mit 15,6 Prozent. 3.420 Akademiker waren  Ende Februar in Niederösterreich arbeitslos, die Mehrheit von ihnen Frauen (1.897). Die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz dauert für Akademiker mittlerweile um durchschnittlich 41 Tage länger als für alle anderen Jobsuchenden im Bundesland.

Neue Initiative

Um den Betroffenen den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben zu ermöglichen und ihr Potenzial zu nutzen, startet das Arbeitsmarktservice NÖ in Kooperation mit der Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer NÖ jetzt eine neue Initiative.  Maßgeschneiderte Beratung und "gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung" (Begriffserklärung weiter unten) in Unternehmen soll jobsuchenden Akademikern und Führungskräften das Tor für eine neue berufliche Zukunft aufstoßen. Die INITIATIVE Niederösterreich wurde von AMS NÖ-Landesgeschäftsführer Sven Hergovich sowie AK NÖ-Präsident Markus Wieser und WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker präsentiert.

„Nach wie vor gilt, dass eine fundierte Ausbildung vor dem Risiko, arbeitslos zu werden, schützt. Die Folgen der Corona-Pandemie am Arbeitsmarkt machen aber auch vor erfahrenen Führungskräften und akademisch ausgebildeten Fachkräften nicht halt. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit liegt in dieser Personengruppe mit 20,3% über dem nö-weiten Schnitt. Einmal arbeitslos geworden, finden sie länger als andere Jobsuchende in Niederösterreich keine neue Arbeitsstelle. Mit der 'INITIATIVE Niederösterreich' werden wir gemeinsam einer steigenden Arbeitslosigkeit unter Akademiker_innen und Führungskräften einen Riegel vorschieben“, so der Landesgeschäftsführer des AMS NÖ, Sven Hergovich.

Die Eckpfeiler des neuen Projekts laut AMS:

·         Maßgeschneiderte Beratung:

Die AMS-Geschäftsstellen vermitteln jobsuchende Akademiker und Führungskräfte jeglichen Alters an eine Beratungsstelle der INITIATIVE Niederösterreich. Hier erarbeiten Spezialisten mit den Betroffenen maßgeschneiderte Strategien für den beruflichen Wiedereinstieg. Vielen gelingt bereits über diesen Weg der Einstieg ins Erwerbsleben.

·         Gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung für Führungskräfte und Akademiker:

Rund die Hälfte der Teilnehmer_innen der INITIATIVE Niederösterreich wird in ein Projekt zur gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlassung übernommen und dort befristet angestellt. Es folgt die Suche nach einem passenden Unternehmen, das zu einer zeitlich befristeten Überlassung bereit ist. Eine Kennenlernphase von mehreren Monaten für beide Seiten startet. Ziel ist, dass der bzw. die Teilnehmer/in in ein dauerhaftes Dienstverhältnis im Unternehmen übernommen wird.

·         "Win-Win-Situation" für beide Seiten:

Das Modell der gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlassung ist ein starkes Sprungbrett für die Teilnehmer zurück ins Erwerbsleben. Die Arbeitsmarkterfolge des Vorläuferprojektes, der INITIATIVE 50, lagen in den Jahren 2015 bis 2019 (jüngste Daten) zwischen 66 bis 80 Prozent. Gleichzeitig werden Risiko und Kosten für mögliche zukünftige Arbeitgeber minimiert. AMS NÖ finanziert 50 Prozent der anfallenden Lohn- und Lohnnebenkosten inkl. Zulagen für die gesamte Probephase von vier bis sieben Monaten.

Das AMS hat für dieses Jahr in den Beratungsstellen Platz für 550 Betroffene und insgesamt 151 Vollzeittransitarbeitsplätze im Rahmen der gemeinnützigen Überlassung eingerichtet. Die INITIATIVE Niederösterreich hat Standorte in St. Pölten, Mödling und Korneuburg. Die Kosten für das neue Projekt belaufen sich für dieses Jahr auf voraussichtlich 5,3 Millionen Euro. 3,1 Millionen werden durch das AMS NÖ getragen, weitere 2,2 Millionen Euro werden durch Erlöse aus den Lohnkostenanteilen der Beschäftiger erwirtschaftet.

Stimmen der Sozialpartner

„Wir setzen alles daran, um in dieser herausfordernden Zeit bestmögliche Stabilität zu gewährleisten. Die Corona-Krise wirkt sich aber natürlich auf alle Gruppen am Arbeitsmarkt aus. Mit dieser neuen Initiative haben die Sozialpartner in Niederösterreich und das AMS NÖ ein Vorzeigeprojekt umgesetzt, um die Qualifikation und Erfahrungen von Führungskräften und Akademikern bestmöglich zu nutzen. Das Ziel ist stets, die Menschen dauerhaft wieder in Arbeit zu bringen. Dafür schaffen wir ein maßgeschneidertes Beratungsangebot und professionelle Suche nach einem passenden Überlassungsbetrieb“, sagt Markus Wieser, Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich.

Wolfgang Ecker, Präsident der WKNÖ: „Unsere Unternehmen suchen dringend gut ausgebildetes Personal. Unser Fachkräfte-Radar zeigt, dass sechs von zehn heimischen Betrieben vom Fachkräftemangel betroffen sind. Die Wirtschaft braucht einerseits gut ausgebildetes akademisches Personal und Führungskräfte sowie bestens ausgebildete Fachkräfte. Auf der anderen Seite ist auch die Qualifizierbarkeit der Menschen wichtig. Die INITIATIVE NÖ bringt unseren Betrieben bestens auf deren Bedarf zugeschnittenes und motiviertes Personal und beide Seiten profitieren von einer 4- bis 7-monatigen Kennenlernphase.“