Eine anonyme Meldung bei der Berliner Jugendbehörde sorgt dafür, dass sich Anne Wünsche erneut einem Gespräch beim Jugendamt stellen muss. Nun spricht Anne offen über die Hintergründe, den Umgang mit Social Media und ihre Verantwortung als Mutter.
Noch habe ich keine konkreten Infos, aber ich vermute stark, dass es mit dem aktuellen Shitstorm und einigen meiner Social-Media-Beiträge zusammenhängt. Offenbar gab es wieder eine Meldung wegen angeblicher Kindeswohlgefährdung – und das Jugendamt ist verpflichtet, solchen Hinweisen nachzugehen. Vor etwa zwei Jahren hat meine Tochter Miley mich gefragt, ob sie wie viele andere Kids-Influencer einen eigenen Instagram-Account haben darf. Wir haben lange darüber gesprochen und uns schließlich auf einen gemeinsamen Account mit klaren Regeln geeinigt. Uns war bewusst, dass das Kritik hervorrufen würde. Aber ich sehe mein Kind – ihre Träume, Talente und Ziele – und will sie genau darin bestärken. Natürlich gibt es Schattenseiten: Kritik, Beleidigungen und auch unangemessene Kommentare von Männern. Ich vermute, dass genau das gemeldet wurde.
Ehrlich gesagt: genervt. Nicht, weil ich das Gespräch führen muss – das ist okay – sondern weil das Jugendamt durch solche Meldungen Zeit verliert, die es eigentlich für wirklich gefährdete Kinder bräuchte. Es gibt so viele Kinder, die Missbrauch, Gewalt oder Vernachlässigung erleben. Und dann sitzen sie bei mir, weil meine Tochter ein Comedy-Video gepostet hat? Das macht mich wütend. Natürlich ist es nicht gut, wenn Erwachsene unangemessene Kommentare hinterlassen. Aber solche Männer gibt es nicht nur im Internet – sie sind auch auf Spielplätzen, in Einkaufszentren oder Schwimmbädern.
Ja, leider. Ich habe dort inzwischen eine Akte, weil mich fremde Menschen immer wieder melden. Das Jugendamt ist verpflichtet, dem nachzugehen – was grundsätzlich natürlich richtig ist. Aber in der Vergangenheit kamen oft Meldungen, die einfach nicht hätten sein müssen.
Nein, es waren immer wieder anonyme Hinweise aus der Community – nie aus meinem direkten Umfeld, also weder Freunde noch Nachbarn oder Familie.
In solchen Einladungen steht nie genau, was gemeldet wurde. Nur, dass der Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vorliegt und man dem nachgehen muss. Öffentlich wurde mir vorgeworfen, ich würde Pädophilen "Material liefern", weil ich es zulasse, dass Miley in Videos zu sehen ist. Kritik gab es etwa an einem Video, in dem sie ein weißes Oversize-Shirt mit Spitze trägt – angeblich zu "aufreizend" für eine Elfjährige. Auch ihre Verkleidung als "Coraline" aus dem gleichnamigen Kinderfilm wurde beanstandet. Einen Vorwurf musste ich jedoch zugeben – Miley hat zu einem Trendsound getanzt, in dem auf Englisch gesungen wird, dass jemand ohne Hose auf einem Tisch tanzt. Wären meine Englisch-Kenntnisse besser und hätte ich das verstanden, hätte ich sie das nicht posten lassen. In Zukunft achte ich mehr darauf.
Ganz sicher. Noch nie kam eine Beschwerde aus meinem Umfeld – immer nur aus dem Internet. In der Öffentlichkeit wird man sehr schnell zur Zielscheibe. Trash-Seiten auf Instagram warten nur darauf, dass jemand einen Fehler macht. Die bekommen damit Klicks und Aufmerksamkeit – auf Kosten anderer. Es ist oft einfacher, bei anderen Fehler zu suchen, als sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Aber niemand von uns ist perfekt.
Ich gehe davon aus, dass es abläuft wie die bisherigen: Wir sprechen über die Meldung, ich werde über mögliche Gefährdungen aufgeklärt, und dann wird das Gespräch dokumentiert. Meinen Kindern geht es gut. Sie erleben keine Gewalt, keinen Missbrauch, keine Suchtprobleme der Eltern.
Wenn ich eine Vermutung habe, worum es geht, kann ich mich natürlich gezielt vorbereiten. In diesem Fall ist es recht offensichtlich – durch die Ankündigungen auf bestimmten Seiten weiß ich, dass es um Mileys Präsenz in den sozialen Medien geht. Ich höre mir die Vorwürfe an und frage mich ehrlich: Haben sie recht? Habe ich etwas übersehen? Wenn ja, ändere ich das. Ich bin dankbar für konstruktive Kritik, denn wir machen alle Fehler.
Wir sprechen offen über alles. Ich erkläre ihr, dass manche Menschen Sorgen haben, die uns nicht persönlich kennen. Wenn ich merke, dass sie belastet ist, würde ich sofort zurückschalten. Aber sie hat große Träume und ich möchte ihr ermöglichen, ihnen nachzugehen.
Ja, natürlich. Es ist wichtig, dass man hinschaut. Ich war an manchen Stellen zu nachsichtig – auch, weil ich beruflich stark eingespannt bin. Deshalb werde ich jetzt jemanden einstellen, der die Kommentare bei Mileys Account filtert und auch prüft, wer ihr folgt.
Miley bekommt nur Nachrichten von Menschen, denen sie selbst folgt – also Familie, Freunde, andere Social-Media-Kids. In den Kommentaren war es ein Mix aus Lob und Kritik, aber auch die habe ich inzwischen deaktiviert.
Ich achte jetzt noch stärker darauf und übergebe die Betreuung des Accounts an eine Vertrauensperson. Nachrichten bleiben deaktiviert. Und bevor ich Inhalte mit bestimmten Sounds poste, lasse ich mir die Texte übersetzen.
Mir ist bewusst, dass viele mit meinem Lebensstil nicht klarkommen. Meine Grenzen liegen anders als bei anderen. Es gibt Menschen, die mit ihrem Körper Geld verdienen – auch Mütter. Das ist nicht neu und wird es immer geben. Aber ich nehme keine Drogen, trinke nur wenig Alkohol, bin Unternehmerin, habe 18 Arbeitsplätze geschaffen und ich kann meinen Kindern die Welt zeigen. Unabhängig von dem Shitstorm und der Meinung wildfremder Menschen, sind wir unfassbar glücklich.
Ich habe wirklich lange überlegt, ob ich Miley in die Öffentlichkeit lasse und auch ob ich als Mutter Onlyfans machen sollte. Aber irgendwann kam ich an den Punkt, wo ich mir dachte: '’Was zur Hölle ist so falsch daran?'’ Ich will meine Kinder nicht so erziehen, dass sie ihr Leben nach den Erwartungen anderer richten. Wir haben nur dieses eine Leben und wir sind nicht da, um anderen zu gefallen. Ich möchte nicht später auf dem Sterbebett bereuen, etwas nicht getan zu haben. Natürlich hat alles Konsequenzen – aber lieber werde ich kritisiert, als unglücklich zu sein. Und ja: Meinen Kindern geht es gut. Sie lachen, sind neugierig, erleben schöne Dinge – wie die allermeisten anderen Kinder auch. Das Schlimme sind die Menschen, die uns nicht kennen und dann aber sagen: ‘’Die armen Kinder der Anne Wünsche …