Klimaschutz

Austrocknen der Flüsse gefährdet nun Stromversorgung

Die anhaltende Dürre gefährdet zunehmend die Stromversorgung in Europa, infolge der austrocknenden Flüsse fallen ganze Kraftwerke aus.

Lydia Matzka-Saboi
Niedriger Pegelstand am Rhein erschwert den Gütertransport. Schiffe können zwar weiter verkehren, müssen aber ihre Ladung dem Wasserstand anpassen. Bei niedrigen Wasserständen können sie weniger Fracht befördern – irgendwann wird der Transport unwirtschaftlich.
Niedriger Pegelstand am Rhein erschwert den Gütertransport. Schiffe können zwar weiter verkehren, müssen aber ihre Ladung dem Wasserstand anpassen. Bei niedrigen Wasserständen können sie weniger Fracht befördern – irgendwann wird der Transport unwirtschaftlich.
Christoph Reichwein / dpa / picturedesk.com

Einer Gasknappheit könnte bald eine Stromknappheit folgen. Kraftwerke (Wasserkraftwerke, Atomkraftwerke) könnten ausfallen oder nicht mehr versorgt werden weil infolge von Klimakrise und anhaltender Trockenheit Europas Flusspegel weiter massiv sinken. Auf einem von Deutschlands wichtigsten Flüssen, dem Rhein, kann Kohle für Kraftwerke nur mehr eingeschränkt transportiert werden.

Derzeit kämen "alle denkbaren Faktoren zusammen, die für das Stromerzeugungssystem in Summe eine immense Belastung darstellen", sagte Alexander Weiss, Leiter der globalen Energieberatung von McKinsey, dem "Handelsblatt". Lastabwürfe seien nicht unwahrscheinlich, sagte der Energieexperte. Gemeint ist damit eine Situation, in der zum Beispiel größere Stromabnehmer aus der Industrie vom Netz getrennt werden müssen, um Stromausfälle zu verhindern.

Auch die deutsche Industrie schlägt wegen der niedrigen Pegelstände auf den großen Wasserstraßen wie dem Rhein Alarm. Die Trockenperiode und das Niedrigwasser würden die Versorgungssicherheit der Industrie bedrohen.

"Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Anlagen in der chemischen oder Stahlindustrie abgeschaltet werden, Mineralöle und Baustoffe ihr Ziel nicht erreichen oder Großraum- und Schwertransporte nicht mehr durchgeführt werden können", sagte Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Die Folge wären Lieferengpässe, Produktionsdrosselungen oder -stillstände und Kurzarbeit.

Dürre, Hitze – Vorerst keine Entspannung

Klimawissenschafter sehen vorerst keine Entspannung. Zwar sei in den nächsten zehn Tagen in vielen Regionen Europas Regen zu erwarten, sagte Andrea Toreti vom "European Drought Observatory" der EU-Kommission. "Die langfristige Vorhersage für die nächsten drei Monate deutet jedoch immer noch auf trockenere Bedingungen als üblich hin."

In Südeuropa nimmt die jährliche Niederschlagsmenge ab, was zu häufigeren und intensiveren Dürren als noch vor hundert Jahren führt und letztlich die Wüstenbildung begünstigt. Aber auch ohne Änderungen im Niederschlagsmittel kommen trockene Böden häufiger vor, da die höheren Lufttemperaturen dem Boden durch Verdunstung Wasser entziehen. Mit zunehmender Dauer der Trockenphasen steigt auch das Waldbrandrisiko, wie dies in weiten Teilen Europas gerade geschieht.

Zum Teil werden die niedrigen Pegelstände der Flüsse noch durch Wasser von den Gletschern kompensiert. Das ist etwa bei der Donau der Fall. Dass hier die Stromproduktion auf niedrigerem Niveau weiterläuft, liegt am Inn als Zubringerfluss, der noch mit viel Gletscherwasser gespeist wird. Noch. Denn auch die Niederschlagsmenge auf den heimischen Gletschern geht zurück. Fehlt den Alpen Schnee und Eis, dann fehlt den Flüssen im Frühjahr das Wasser.

14 Prozent weniger Strom bei Verbund

Auch der Verbund merkt in seinen Flusskraftwerken die derzeit geringeren Wassermengen. Verbund-Sprecherin Ingun Metelko verwies gegenüber der APA auf die Bedeutung, bei der heimischen Stromerzeugung verstärkt auf Photovoltaik und Windkraft zu setzen.

Weniger Wasser wirkt sich nicht eins zu eins auf die Stromerzeugung aus. Die Energieausbeute ist nicht nur von der Wassermenge, sondern auch von der Fallhöhe beim jeweiligen Kraftwerk abhängig. Sinkt der Wasserstand, steige der Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasser und somit die Fallhöhe, erklärte die Verbund-Sprecherin. Der energetische Erzeugungsverlust werde so gemildert.

Dass die Lauf- und Schwellwasserkraftwerke in Österreich aktuell weniger zur Stromdeckung beitragen, zeigt sich auch in den Daten des Übertragungsnetzbetreibers APG. So lieferten sie am Montag im Schnitt rund 2.400 Megawatt an Leistung. Zum Vergleich: Am 15. August 2021 waren es im Tagesschnitt über 3.400 MW.

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