"Regel-Chaos vorprogrammiert"

Autofreie City – ÖAMTC gegen Kamera-Überwachung

Eine StVO-Novelle macht den Weg für Kamera-Überwachung von Straßen frei. Der ÖAMTC warnt nun vor Wildwuchs an Fahrverbotszonen.
Wien Heute
25.11.2025, 11:20
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Die 36. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) sorgt für neuen Zündstoff in der Debatte um Verkehrsberuhigungen – insbesondere nach den Turbulenzen rund um die kamerabasierte Zufahrtskontrolle in der Inneren Stadt. Der ÖAMTC schlägt Alarm und fordert einen kompletten Neustart.

Gemeinden könnten fast überall Kameras aufstellen

Mit der Novelle sollen Gemeinden künftig Fahrverbote per Kennzeichenerfassung überwachen dürfen. Für Österreichs größten Mobilitätsclub öffnet das die Tür zu einem unüberschaubaren Flickenteppich regionaler Regeln.

Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, warnt: "Die StVO-Novelle erlaubt den Gemeinden eine Kameraüberwachung fast aller Fahrverbote und weiterer Verkehrsbeschränkungen. Kommt dieses Gesetz, ist in ganz Österreich ein Wildwuchs an zusätzlichen und größeren Fahrverbotszonen zu erwarten. Schließlich geht es für die Gemeinden auch um Einnahmen."

Er kritisiert zudem, dass die Hürden für Gemeinden niedrig seien – auch wenn Magistrate oder Bezirkshauptmannschaften die Notwendigkeit neuer Fahrverbote weiter prüfen müssten.

Wiesinger verweist auf bestehende Unterschiede: "Bereits heute existieren ganz unterschiedliche Begründungen für Verkehrsbeschränkungen" Im Grunde seien unterschiedliche Regel-Konzepte natürlich vorstellbar, aber wenn alles gleichzeitig komme, "dann ist Chaos vorprogrammiert", so der Experte.

Warnung vor Strafen-Flut – und überforderten Behörden

Kamerasysteme führten international immer wieder zu fehlerhaften Strafen, warnt der Club: "Der Blick in andere Länder zeigt, dass es wegen technischer Probleme immer wieder zu ungerechtfertigten Strafen kommt – oder dass Ortsunkundige aufgrund unklarer Beschilderung schlicht nicht wissen, dass sie gegen ein Fahrverbot verstoßen", so Wiesinger. Das führe zu Einsprüchen – und damit zu mehr Arbeit für Ämter und Gerichte.

ÖAMTC: Keine "Zwei-Klassen-Mobilität"

Auch die soziale Frage spielt für den Mobilitätsclub eine große Rolle. In Wien profitiert ein kleiner Kreis von Anrainern besonders stark von den kameraüberwachten Zonen – eine Entwicklung, die der Club im gesamten Land vermeiden möchte.

Eine repräsentative Online-Befragung des ÖAMTC zeigt: 57 Prozent der Österreicher lehnen kameraüberwachte Verkehrsbeschränkungen ab. Wobei Menschen, die in Innenstädten wohnen – und damit potenziell von Fahrverbotszonen im Zentrum profitieren –gegenteilig antworten: Sie begrüßen zu 57 Prozent kameraüberwachte Fahrverbotszonen. Ihre Begeisterung flacht jedoch deutlich ab, wenn auch sie – bei der Einfahrt in eine andere Stadt – nicht mehr zu den Privilegierten zählen. Wiesinger: "Zum einen sehen wir klar eine `Not-in-my-Backyard´-Haltung. Zum anderen hat das Thema einen deutlichen sozialen Aspekt, weil, diejenigen, die es sich leisten können, im Zentrum zu wohnen, auch noch bei der Mobilität begünstigt werden. Als Mobilitätsclub wollen wir keine Zwei-Klassen-Mobilität!"

Italienisches Modell als Warnung

Italien gilt mit seinen über 370 "ZTL"-Zonen als Vorbild mancher Befürworter, für den ÖAMTC jedoch als mahnendes Beispiel. ÖAMTC-Vertrauensanwalt Michele Germeno berichtet:
"In Italien können Gemeinden in eigener Regie und nach eigenen Regeln verkehrsberuhigte Zonen erstellen und überwachen. Das durch die Ahndung von Verstößen lukrierte Geld bleibt in der Gemeinde."

Viele Strafen entstünden aus Unwissenheit oder schlechter Beschilderung – ein Problem, das Kritiker auch in Wien bereits bemängeln. Germeno weiter: "Oft sind Strafen auch nicht rechtens, weil es Probleme bei der Zustellung oder Kennzeichenerkennung gibt."

Forderung: Einheitliche, klare Regeln – und neuer Anlauf

Der ÖAMTC will ein österreichweites, einheitliches Modell – kein Kompetenz-Patchwork. Wiesinger fordert daher: "Zurück an den Start." Der Mobilitätsclub werde eine "konstruktive Alternative" vorlegen, die klare Regeln für Einsatzorte, Ausnahmen und technische Standards vorsieht.

{title && {title} } red, {title && {title} } 25.11.2025, 11:20
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