Branche leidet

Autoindustrie baut in einem Jahr über 100.000 Jobs ab

Die Wirtschaftskrise in Deutschland hinterlässt Spuren in der Industrie. Vor allem bei Autoherstellern verlieren viele Menschen ihren Job.
20 Minuten
08.06.2025, 21:06
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Die deutsche Wirtschaft darbt: Unternehmen wie Audi, Siemens, Volkswagen und Bosch bauen Stellen ab, die Autoindustrie leidet. Die Wirtschaftskrise in der Industrie hat in den letzten zwölf Monaten über 100.000 Arbeitsplätze gekostet, wie neue Zahlen der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY zeigen. Alleine in der Autoindustrie seien rund 45.400 Jobs verloren gegangen, schreibt die Agentur DPA.

Seit 2019: Deutsche Industrie verliert 217.000 Jobs

Zum Ende des ersten Quartals beschäftigte die deutsche Industrie 5,46 Millionen Menschen. Das seien etwa 101.000 weniger als ein Jahr zuvor, heißt es in der Studie, die auf Daten des Statistischen Bundesamts basiert. Seit dem Vor-Corona-Jahr 2019 sank die Zahl der Beschäftigten unterm Strich um 217.000, ein Rückgang um 3,8 Prozent. Noch 2018 hatte es einen Rekord mit rund 5,7 Millionen Industrie-Beschäftigten gegeben.

Konkurrenz aus China macht Druck

Industrieunternehmen stünden gewaltig unter Druck, sagt Jan Brorhilker, Managing Partner bei EY. "Aggressive Wettbewerber etwa aus China drücken die Preise, wichtige Absatzmärkte schwächeln, in Europa stagniert die Nachfrage auf niedrigem Niveau, hinter dem gesamten US-Markt steht ein großes Fragezeichen. Gleichzeitig kämpfen die Unternehmen mit hohen Kosten – etwa für Energie und Personal."

Abbau von weiteren 70.000 Jobs erwartet

Der Umsatz der deutschen Industrie sei nach einem Einbruch 2024 zu Jahresbeginn weiter leicht gesunken, ein Ende des Stellenabbaus sei nicht in Sicht, sagt Brorhilker. Er rechnet mit dem Wegfall von mindestens 70.000 weiteren Industrie-Jobs bis Jahresende. Gerade im Maschinen- und Autobau hätten Firmen Sparprogramme initiiert. "Wir werden vorerst noch viele schlechte Nachrichten hören, bevor es wieder aufwärtsgeht."

Alleine in der Autobranche gingen binnen eines Jahres sechs Prozent der Stellen verloren. Die Beschäftigung fiel damit per Ende März auf rund 734.000 Menschen. Auch in der Metallerzeugung und Textilbranche sank die Beschäftigung mit je über vier Prozent. Kaum Jobs fielen dagegen in der Chemie- und Pharmabranche weg (minus 0,3 Prozent).

Kritiker sprechen von einer Deindustrialisierung

Die Krise der deutschen Industrie hat längst eine Debatte über den Standort Deutschland entfacht – Kritiker sprechen von einer Deindustrialisierung. Im langfristigen Vergleich ist die Beschäftigung in der Industrie aber gewachsen: Ende 2024 lag sie laut Statistischem Bundesamt um 3,5 Prozent oder 185.000 Menschen höher als 2014.

EY-Manager Brorhilker meint: "Der Industriestandort Deutschland wurde schon oft totgesagt – und hat sich immer wieder dank einer sehr starken Substanz als bemerkenswert widerstandsfähig erwiesen." Jedoch müssten sich die Bedingungen verbessern: Neben niedrigeren Kosten und weniger Bürokratie sei es nötig, die Binnennachfrage zu stärken, um die Wirtschaft weniger exportabhängig zu machen. Hier könne das Milliarden-Investitionspaket der Bundesregierung Impulse setzen.

Autobranche fordert Reformen

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht die Politik in der Pflicht. Der Handlungsdruck sei hoch, denn in den vergangenen Jahren sei die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland erodiert, sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller. "Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität müssen deshalb Leitmotiv der neuen Bundesregierung sein. Diese Faktoren entscheiden darüber, wo und in welchem Umfang investiert wird – und somit auch darüber, wo entsprechende zukünftige Arbeitsplätze entstehen."

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