Familienfrieden? Fehlanzeige! Vor dem Grazer Straflandesgericht muss sich ein 80-jähriger Bauer wegen versuchten Mordes verantworten. Die Anklage: Er soll seinen jüngeren Bruder auf dem Moped mehrmals mit dem Traktor gerammt haben. Für die Staatsanwaltschaft ein Mordversuch – für den Angeklagten ein "Unfall, den der Bruder selbst verursacht hat".
Der Hintergrund klingt fast wie eine Nachbarschaftsposse: Beide Brüder wohnen nebeneinander, teilen sich dieselben Zufahrtsstraßen – und liefern sich seit Jahren einen Kleinkrieg. Von Blockaden über Schuldzuweisungen bis zu wüsten Drohungen. "Du kommst dran", soll der Landwirt nur zwei Tage vor der Tat gesagt haben – berichtet die APA.
Am 4. November 2024 kam es zur Katastrophe. Laut Anklage raste der 80-Jährige mit seinem Traktor auf den Bruder los. Nach der ersten Kollision lag das Moped bereits am Boden, der 72-Jährige darunter eingeklemmt. Der Mann schrie: "Hör auf!" Doch der Bauer soll nur trocken erwidert haben: "Jetzt bist du dran." Danach rammte er noch einmal.
Der schwer verletzte Bruder konnte sich nur retten, indem er in ein Bachbett flüchtete. Die Bilanz: zahlreiche Knochenbrüche, Rippen- und Wirbelverletzungen, 70 Tage Krankenhaus – davon fünf auf der Intensivstation.
Im Gerichtssaal zeigte sich der Angeklagte zittrig, aber bestimmt. "Ich bin kein Mörder", so der 80-Jährige. Stattdessen warf er dem Opfer vor, selbst den Crash provoziert zu haben. Schon seit Jahren wolle ihm der Bruder "den Hof streitig machen".
Unterstützung bekam der Bauer von seinen Verteidigern. Sie erklärten, es handle sich nicht um versuchten Mord, sondern um fahrlässige Körperverletzung. Außerdem sei es ein Skandal, dass es nicht einmal einen Lokalaugenschein gegeben habe. "Das macht man ja bei jedem Pimperl-Unfall", polterten die Anwälte.
Zeugen für die Traktor-Attacke gibt es keine. Auch ein Antrag der Verteidigung, den Gutachter der Staatsanwaltschaft aus dem Verfahren zu nehmen, scheiterte. Der 80-Jährige ist übrigens nicht vorbestraft.
Wie es weitergeht, bleibt offen. Fest steht: Der Prozess wurde vertagt – im Oktober wird der Bruderkrieg im Grazer Gerichtssaal fortgesetzt.