Klimakonferenz in Brasilien

COP30-Chaos: Delegierte sollen "unter Sternen schlafen"

Wegen Zimmermangels in Belém greifen Teilnehmer der UN-Klimakonferenz auf ungewöhnliche Unterkünfte zurück, die Preise steigen stark an.
Newsdesk Heute
08.09.2025, 15:21
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Übernachten im Stundenhotel, in abgelegenen Wochenendhäusern oder sogar auf einem Schiff - um die zehntausenden Teilnehmer der nächsten UN-Klimakonferenz unterzubringen, greift man in Belém auf ziemlich ungewöhnliche Ausweichmöglichkeiten zurück. Die brasilianische Gastgeberstadt hat nämlich schlicht zu wenig Hotelzimmer für so eine große internationale Veranstaltung.

Die Preise für die Zimmer sind regelrecht explodiert - viele Teilnehmer aus ärmeren Ländern können sich das gar nicht mehr leisten. Dabei sollte die heurige Weltklimakonferenz nicht nur wegen der Nähe zum Amazonas-Regenwald, sondern auch durch die Einbindung der einfachen Leute herausstechen.

Die zweiwöchige Weltklimakonferenz COP30 startet am 10. November. Bis jetzt haben aber erst etwa 70 der 198 Teilnehmerstaaten fix Zimmer reserviert. "Das ist bei den anderen COPs nie vorgekommen", sagt Marcio Astrini von der brasilianischen Organisation Observatório do Clima. "Normalerweise haben drei Monate vorher alle irgendeine Unterkunft."

Schon im Juli haben mehrere Länder sogar gefordert, den Ort der Konferenz zu verlegen - ohne Erfolg. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva will nämlich bewusst zeigen, dass die Klimaverhandlungen direkt beim größten tropischen Regenwald der Welt stattfinden. Warnungen vor Problemen bei der Unterbringung hat er im Februar abgetan: Die Delegierten könnten "unter den Sternen schlafen".

Belém, die Hauptstadt vom Amazonas-Bundesstaat Pará, hat aber nicht einmal für die eigenen Bewohner genügend gescheite Unterkünfte. In keiner anderen brasilianischen Regionalhauptstadt wohnt ein so großer Teil der Bevölkerung in Armenvierteln, den sogenannten Favelas: In Belém sind es 57 Prozent der 1,4 Millionen Einwohner.

Hotelbetreiber und Hausbesitzer wollen jetzt natürlich aus dem Zimmermangel Profit schlagen. Ein Beispiel: Ein Stundenhotel in der Altstadt von Belém wurde nach einer Renovierung einfach in "Hotel COP30" umbenannt. "Belém hat noch nie solch eine Veranstaltung ausgerichtet, und die Preise sind außer Kontrolle geraten", sagt sein Manager Alcides Moura. Er wollte die Zimmer im "Hotel COP30" für 1.200 Dollar (etwa 1.000 Euro) pro Nacht vermieten. Das war dann doch zu viel, jetzt verlangt er zwischen 200 und 350 Dollar pro Nacht.

Auch Ronaldo França will mitverdienen und vermietet zur COP30 erstmals sein Wochenendhaus in einem Vorort von Belém. "Ich verlange keine übermäßige Miete", versichert der 65-jährige Pensionist. Für seine Unterkunft mit drei Doppelzimmern und Pool will er 370 Dollar pro Nacht. Das Ferienhaus liegt allerdings rund 25 Kilometer vom Konferenzgelände entfernt.

Laut den Organisatoren mieten etwa 60 Prozent der COP-Delegierten privat Zimmer. Die Hotels in Belém sind "fast voll", sagt Toni Santiago, der Chef vom Hotelverband in Pará. Die Forderung der brasilianischen Regierung, die Hotelpreise für die Konferenz zu begrenzen, hat der Verband abgelehnt. "Niemand sonst macht das bei irgendeiner anderen internationalen Veranstaltung, also warum sollte Belém es tun?", fragt der Verbandschef.

Schwimmende Bettenburgen

Um die Lage zu entspannen, wurden ausgerechnet zwei Kreuzfahrtschiffe im etwa 20 Kilometer entfernten Hafen von Belém zu schwimmenden Hotels mit 6.000 Betten umgebaut. Weitere Schlafplätze werden in Schulen und Unis bereitgestellt.

Insgesamt sind rund 700 Millionen Dollar wegen der COP in die öffentliche Infrastruktur von Belém geflossen. Die Regierung hat eine Task Force eingerichtet, damit die rund 50.000 erwarteten COP-Teilnehmer leichter ein Zimmer finden. Die Verfügbarkeit von ausreichend Betten sei "garantiert", hat Parás Gouverneur Helder Barbalho der Nachrichtenagentur AFP versichert.

Laut dem Unterkunftsportal Airbnb hat sich die Lage inzwischen etwas beruhigt. Seit Februar sind die Preise für Unterkünfte um 22 Prozent gesunken. Zimmer unter 100 Dollar pro Nacht, wie sie die UNO für Delegierte aus armen Ländern fordert, sind online aber kaum zu finden.

Klima-Aktivist Astrini warnt, dass der Zimmermangel bei der COP30 vom Wesentlichen ablenkt - nämlich "was wirklich wichtig ist, wie die Ziele zur Verringerung der Emissionen oder die Klimafinanzierung". Er fürchtet, dass ausgerechnet die Weltklimakonferenz im Schwellenland Brasilien zur "exklusivsten aller Zeiten" wird.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 08.09.2025, 15:23, 08.09.2025, 15:21
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