Die "schwierige Phase" (Copyright ÖVP) zwischen Blau und Schwarz seit Dienstag dürfte – zumindest vorläufig – beendet sein. Sowohl FPÖ als auch ÖVP hatten ja wie berichtet auf dem Innen- und Finanzministerium für ihre Partei bestanden. Sogar ein Abbruch der Verhandlungen schien möglich.
Am Mittwoch griff dann Bundespräsident Van der Bellen höchstpersönlich ins Geschehen ein. Zunächst bestellte er ÖVP-Chef Stocker zu sich. Über das Gespräch hüllten sich beide Beteiligten in Schweigen, die ÖVP bestätigte nicht einmal den Termin.
Am Donnerstag war dann FPÖ-Chef Kickl zum Rapport geladen. In Begleitung seines engsten Vertrauten Reinhard Teufel fuhr er knapp vor 14 Uhr vor der Hofburg vor. Das Gespräch dauerte eine Stunde und zwanzig Minuten. Kickl verließ die Präsidentschaftskanzlei danach wortlos.
Rund eine Stunde später gab es ein kurzes schriftliches Statement von ihm: "Die auf Chefverhandler-Ebene zuletzt unterbrochenen Gesprächen mit der Österreichischen Volkspartei zur Bildung einer Bundesregierung werden ehebaldigst fortgesetzt", hieß es darin nur. Das sei nach einem Telefonat mit Stocker vereinbart worden.
Der bestätigte die Fortführung der Gespräche nur wenige Minuten fast wortident in einem Posting auf X, schoss später hinterher: "Verantwortung ist ein zentraler Grundwert der Volkspartei, der unser Handeln auch in fordernden Zeiten leitet."
Die Verhandlungen dürften also schon am heutigen Freitag wieder aufgenommen werden. Die Frage, wer Innen- und Finanzministerium bekommt, bleibt spannend. Bei einer neuerlichen Zusammenkunft der Sechserrunde muss nicht nur ein Kompromiss, was die Ressortverteilung betrifft, her, sondern auch die Knackpunkte kommen jetzt auf den Tisch.
Wie "Heute" erfuhr, haben nämlich mittlerweile alle 13 Untergruppen ihre Gespräche beendet. In sehr vielen Bereichen ist man sich einig. Doch zentrale Punkte blieben für die Parteichefs Kickl und Stocker offen. So etwa die Frage nach einer Bankenabgabe, der steuerlichen Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags oder wie die Corona-Pandemie aufgearbeitet werden soll.
Ein zentrales Anliegen der Freiheitlichen: die Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe. Schon 2026 wollen die Blauen die Rundfunkgebühr auf 10 Euro pro Monat reduzieren, im Jahr darauf komplett schleifen. Bei Skyshield ist man sich zuletzt schon weitestgehend einig geworden. Die ÖVP wiederum möchte "den Blick Österreichs auf die Welt" außer Streit stellen. Parteichef Christian Stocker verlangt, "dass wir uns unsere Partner in der freien, westlichen Welt suchen – und nicht in autoritären Regimen".
Indes meldeten sich Rot und Grün mit scharfer Kritik an Blau und Schwarz zu Wort: FPÖ und ÖVP seien sich schnell einig, wenn man die Bevölkerung zur Kasse bitten will, so SPÖ-Klubchef Philip Kucher. "Wenn es darum geht, Pensionisten auszusackeln und die Mittelschicht zur Kasse zu bitten, sind Kickl und Stocker schneller fertig als Marcel Hirscher in seinen besten Zeiten unterwegs war." Wenn es dagegen um Posten, Macht und eigene Ministerbüros gehe, würden die beiden Parteien tagelang streiten. "Das zeigt: Bei FPÖ und ÖVP geht es nur um Posten", so Kucher weiter, der von einem "unwürdigen Schauspiel" sprach.
Grünen-Chef Werner Kogler wiederum nahm Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer – einen der Chefverhandler der ÖVP – ins Visier. Der hatte zuletzt auch in "Heute" davor gewarnt, dass der internationale Ruf Österreichs bei Blau-Schwarz in Gefahr sei: "Sie haben es in der Hand, dass Österreich nicht zum Außenseiter in der EU wird", appellierte der Noch-Minister, die Verhandlungen mit Herbert Kickl und der FPÖ zu beenden.
In einem offenen Brief haben sich mehr als 1.000 Wissenschafter gegen eine Regierung unter Führung der FPÖ ausgesprochen. Diese würde Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Minderheitenschutz, Medienfreiheit, eine unabhängige Justiz und die Wissenschaft gefährden. Bei mehreren "Unterschriften" auf dem Protest-Brief handelt es sich allerdings deutlich erkennbar um Fake-Unterstützer.