Sie hat tatsächlich "Ja" gesagt. Die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler hat am Montag gegen den Willen von Koalitionspartner ÖVP beim EU-Ministerrat in Luxemburg für das umstrittene Renaturierungsgesetz gestimmt, das damit mit knapper Mehrheit beschlossen wurde. Die Details:
Gewesslers Ja-Stimme gab den Ausschlag. 20 Mitgliedstaaten stimmten für das Gesetz, sechs dagegen, einer enthielt sich. Die Schwelle von mindestens 15 Ländern, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung umfassen, wurde mit 66,07 Prozent knapp überschritten – ohne Gewesslers Zustimmung hätte es also keine Mehrheit gegeben.
Kurz vor der Abstimmung der Umweltminister hatte Kanzler Nehammer per Brief an den belgischen EU-Ratsvorsitz mitgeteilt, dass er Gewessler das Stimmrecht für Österreich entziehe. Die Grüne hatte ja am Sonntag angekündigt, dem Gesetz zuzustimmen.
Die ÖVP sieht das als Gesetzesbruch – es gebe eine ablehnende Stellungnahme der Bundesländer gegen die Renaturierungsverordnung, an die Gewessler gebunden sei. Bei der Ministerin zeigte das Kanzler-Machtwort keine Wirkung, auch vom belgischen Vorsitz hieß es: Abgestimmt werde von den im Raum anwesenden Ministern.
Mit der neuen Verordnung werden die EU-Staaten zur Wiederherstellung von durch Verbauung zerstörten Ökosystemen verpflichtet. Das Gesetz sei "ein Sieg für die Natur", so Gewessler. Die Gegner argumentieren, Österreich sei Pionier beim Naturschutz, "Überregulierung" aus Brüssel brauche man nicht. Tirols ÖVP-Landeschef Mattle sieht Landwirtschaft und Ernährungssicherheit gefährdet.
Mit dem Beschluss im EU-Ministerrat kann das Gesetz in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten müssen dann binnen zwei Jahren nationale Pläne für die Wiederherstellung der Natur vorlegen.