"Früher dachte ich, dass alle Menschen auf etwas warten, einen besonderen Brief, eine besondere Nachricht, ein besonderes Paket", erinnert sich der Kopenhagener Postler Herman Moyano gegenüber "BBC" wehmütig zurück. Seine Taschen sind in den vergangenen Jahren immer leichter geworden. Ein Trend, der in ganz Dänemark zu beobachten war.
"Die Dänen bekommen kaum noch Briefe. Im Durchschnitt erhalten sie einen Brief pro Monat, das ist nicht viel", konstatiert auch Kim Pedersen, Chef von PostNord Dänemark. Das Volumen ist von einstmals 1,4 Milliarden Briefen im Jahr 2000 auf weniger als ein Zehntel dessen (110 Millionen; 2024) zusammengeschrumpft. Hintergrund sind die fortschreitende Digitalisierung und hohe Zustellgebühren von zuletzt umgerechnet 3,80 Euro pro Brief.
Deshalb zieht der staatliche Zusteller jetzt die Reißleine und geht einen radikalen Schritt: Die Briefzustellung wird mit Jahresende komplett eingestampft. Nach vier Jahrhunderten werden erstmals keine Briefe mehr ausgetragen werden.
Die rund 1.500 markant-roten Postkästen werden ebenso von den Straßen verschwinden und bei 2.200 Jobs abgebaut – dafür werden an anderer Stelle 700 neue geschaffen. Denn im Gegensatz zu den Briefen boomt das Paketgeschäft. "Die Dänen lieben es, online einzukaufen. Der globale E-Commerce wächst erheblich, und wir entwickeln uns mit ihm weiter", erklärt Pedersen. PostNord gehe einfach nur mit der Zeit.
Der CEO ist sich sicher, dass andere staatliche Zusteller den selben Weg einschlagen werden müssen. Das Briefvolumen nimmt in ganz Europa ab. "Wir stehen vor dieser natürlichen Entwicklung einer digitalisierten Gesellschaft, vielleicht früher als einige andere Länder. In Dänemark sind wir vielleicht fünf oder zehn Jahre voraus."