Mit völlig neuem Konzept wollte man wieder aufsperren, hieß es noch vor einem Jahr. Jetzt steht es endgültig fest: Der deutsche Deko-Konzern Depot schließt unzählige Filialen.
Betroffen davon sind auch viele Standorte in Österreich, so auch die Filiale am Hauptplatz in Tulln. Sie illustriert, was auf Mitarbeiter in ganz Österreich zukommen wird. Viele fürchten schon länger um ihre Jobs.
Für den Standort in der Gartenstadt endet eine lange und schwierige Zeit: Mitte 2024 hatte der deutsche Mutterkonzern einen Insolvenzantrag gestellt. Plötzlich waren die Kollegen in Tulln akut vom möglichen Verlust ihres Arbeitsplatzes bedroht, denn auch die österreichische Tochter musste Insolvenz anmelden.
Im Zuge konzernweiter Umstrukturierungen konnten jedoch einzelne Standorte gerettet werden – unter anderem in jenen Städten, in denen Mietverträge erfolgreich neu verhandelt wurden. Auch Tulln zählte damals dazu. Während es hieß, dass 130 der 349 Beschäftigten in Österreich ihren Job verlieren und fast die Hälfte der 48 Standorte geschlossen werden müssen, konnten die Tullner Kollegen zunächst aufatmen.
Wie aber jetzt bekannt wurde, wird der Dekorationsartikel-Händler, mit Sitz im deutschen Niedernberg (Landkreis Miltenberg), im Zuge des laufenden Insolvenzverfahrens weitere Filialen schließen. Ein Drittel aller derzeitigen Standorte soll betroffen sein.
Gegenüber deutschen Medien sprach Depot-Eigentümer Christian Gries von mindestens 100 Filialen – 45 schlossen bereits seit Jahresbeginn. Jetzt, im April und auch im Mai kommen 54 weitere dazu. Vergangenen Samstag sperrte auch die Filiale in Tulln.
Zuvor lockte man noch mit Rabatten. Zunächst gab es einen Preisnachlass von 30 Prozent. Es folgten 50, 70 und schließlich 90 Prozent. Das lockte noch einmal zahlreiche Kunden an, die sich noch am letzten Tag über die Angebote hermachten – danach gingen die Lichter endgültig aus. Am Montag wurden noch die Restposten verschenkt, was übriggeblieben war, landete schließlich im Müllcontainer.
Nach dem Einstieg des Schweizer Handelsriesen Migros im Jahr 2009 hatte Depot in Deutschland stark expandiert. Die Zahl der Filialen stieg von 109 auf 500, der Umsatz kletterte gewaltig – aber das Unternehmen schrieb rote Zahlen. 2019 verkaufte Migros seine 90-prozentige Beteiligung an den bisherigen Unternehmenschef und Gründerenkel Christian Gries. Er war bis dato mit 10 Prozent am Unternehmen beteiligt.
Nach Unternehmensangaben erwirtschaftete die Gries Deco Company zuletzt einen Umsatz von rund 390 Millionen Euro. Für Österreich wird im "WirtschaftsCompass" für das Jahr 2022 ein Umsatz von rund 49 Millionen Euro angegeben.
Die Firma beschäftigte insgesamt rund 6.500 Mitarbeitende. Das Filialnetz umfasste insgesamt etwa 500 Standorte in der Schweiz, Deutschland und Österreich.
Auch weiterhin spricht man bei Depot von Standortrettung: Zwischen 150 und 180 Filialen sollen bestehen bleiben, hieß es noch am Wochenbeginn von Seiten des Konzerns. Depot soll dazu in eine neue Gesellschaft überführt werden, in deren Geschäftsführung neben Gries nun auch Ex-Tupperware-Manager Marco De Benedetti sitzt.
Dessen ehemaliger Arbeitgeber Tupperware erlitt, ebenfalls letztes Jahr, genau das gleiche Schicksal. Erst im Januar stellte das deutsche Tochterunternehmen des US-Küchen- und Haushaltsartikelherstellers die Geschäftstätigkeit ein. Jetzt verkünden Gries und De Benedetti eine Neuausrichtung mit stärkerem Fokus auf Online-Handel und Kosteneffizienz.
Insgesamt, so verlautbarte es der Konzern, werden jetzt 2.000 der noch 3.300 verbliebenen Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlieren. Als Gründe nennt das Unternehmen unter anderem die Corona-Pandemie, wirtschaftliche Flaute und Konkurrenz durch Online-Shops wie Temu aus China sowie Discounter, wie beispielsweise Action aus den Niederlanden.
Die vier Beschäftigten der Tullner Filiale erlebten in den letzten Tagen noch regen Andrang. Am Samstag war die Filiale aber nahezu leergeräumt. Letzte Restposten, wie Gläser, Kerzen und Dekoelemente lagen noch vereinzelt in den Regalen herum.
Andere Restwaren hatten die Beschäftigten zu sogenannten "Wundertüten" zusammengepackt. Prall gefüllt mit Überraschungen und um 90 Prozent reduziert hatte man sie noch für fünf bzw. zehn Euro angebracht.
Für die Mitarbeiter selbst gibt es eine andere "Wundertüte": Die vier Beschäftigten sollen, statt gekündigt zu werden, an die Wiener Stadtgrenze verbracht werden, hieß es vom Unternehmen. Man wolle sie künftig in der Filiale im Auhofcenter einsetzen.