Ein Dorf mit nur rund 250 Einwohnern wird jedes Jahr von bis zu 800.000 Touristen überschwemmt. Saint-Guilhem-le-Désert im Süden Frankreichs zählt zu den schönsten Orten des Landes, doch der Ansturm stellt das Leben der Bewohner komplett auf den Kopf. Die engen mittelalterlichen Gassen sind verstopft, die Wartezeiten sind überall lang, die Abende laut. Für die Menschen vor Ort bringt die Beliebtheit ihres Dorfes enorme Einschränkungen und Anpassungen im Alltag.
Ein Besucher erklärt gegenüber dem französischen Portal "Beauty Case" begeistert: "Es ist sehr bekannt. Sehr schön. Wenn man weniger als eine Stunde entfernt ist, muss man hier vorbeischauen."
Für die Einheimischen sieht die Realität jedoch anders aus. Ein Pensionist sagt: "Das stört mich in meinem Alltag. Man geht nicht raus, wann man will. Man geht nicht einkaufen, wann man will." Besonders an Sommerabenden werde der Übertourismus zur Belastung. Der Mann berichtet weiter: "Man muss alles genau planen. Am Abend ist es unmöglich, die Fenster offenzulassen. Man muss alles schließen und die Klimaanlage einschalten, es ist einfach zu laut."
Um die Situation zu entspannen, hat die Gemeinde bereits vor über 15 Jahren den Parkplatz im Zentrum verkleinert und außerhalb einen neuen mit 450 Plätzen gebaut. Für Spitzenzeiten kamen weitere 100 Stellflächen dazu. "Das Ziel ist klar, wir wollen den Druck durch die Besucher verringern und den Besucherstrom flüssiger machen", erklärt Bürgermeister Robert Siegel. Von dort fahren Shuttlebusse direkt ins Dorf.
Auch die Werbung wurde zurückgefahren. Für den Bürgermeister ist klar: Wenn Straßen verstopfen und Autos blockieren, leidet die Erfahrung und der gute Eindruck geht verloren.
Für die Gemeinde ist es ein Balanceakt: Saint-Guilhem-le-Désert will sein historisches Erbe bewahren, den Bewohnern Ruhe ermöglichen und dennoch Hunderttausende Gäste empfangen.
