Österreich

Drasenhofen-Teens nach St. Gabriel: Bürger besorgt

Heute Redaktion
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Nach dem vorläufigen Aus für Drasenhofen wurden am Freitag 9 Burschen ins Asylheim St. Gabriel (Maria Enzersdorf) gebracht. Mödlings Bürgermeister Hans-Stefan Hintner spricht von besorgten Bürgern.

Das "Straflager" Drasenhofen an der tschechischen Grenze ist nicht jugendgerecht, muss adaptiert werden, wurde gestern geschlossen ("Heute" berichtete).

Mödlinger besorgt

Mehrere Burschen kamen (teils zurück) nach St. Gabriel, Mödlings Bürgermeister Hans Stefan Hintner (VP) berichtete von zahlreichen besorgten Bürgern und E-Mails: "Damals hieß es von Seiten der Caritas, dass eine bessere Betreuung möglich gewesen wäre, aber Geld gefehlt hätte. Mir geht es rein darum, dass die Betreuungsqualität jetzt gegeben ist, da ich die Sorgen meiner Bürger sehr ernst nehme. Denn die Probleme mit jungen Flüchtlingen unter Alkoholeinfluss in Parks und in der Mödlinger Innenstadt hatten wir schon." Auch der erfahrene VP-Politiker ist daher eher für betreute Ausgänge.

Auch FP-Bezirksparteiobmann Christian Höbarth sieht die Rückkehr nicht gerne: "Ich verwehre mich als Bezirksparteiobmann Mödling dagegen, dass aufgrund des öffentlich zelebrierten "Moral-Aposteltums" ein Teil der in Drasenhofen untergebrachten Flüchtlinge jetzt wieder in Maria Enzersdorf sind. Das sind potenzielle Gefahrenherde, das sage ich in aller Klarheit." Der Nationalrat wirft aber ein, dass der Stacheldraht möglicherweise optisch irritierend rüberkam.

Caritas beruhigt

Caritas-Geschäftsführer Klaus Schwertner war bis Samstagmorgen (1.30 Uhr) bei den Neuankömmlingen in St. Gabriel. "Endlich nicht mehr eingesperrt", war laut Schwertner die erste Reaktion eines Burschen. Bis weit nach Mitternacht waren Schwertner, vier Mitarbeiter des Landes NÖ, ein Arzt und ein Psychiater vor Ort. "Wir aßen Pizza und sprachen über die Hausordnung und Regeln. Eines ist klar: Gewalt wird überhaupt nicht toleriert. Aber ein Teenager war zum Beispiel so erleichtert und motiviert, sagte, er wolle sofort eine Lehre in der Gastro machen. Auch die anderen Burschen wollen wieder rasch Deutschkurse belegen. Die Stimmung war gut bei den Burschen." Laut Schwertner sind jetzt neun Minderjährige in St. Gabriel, fünf Jugendliche (Anm.: sie dürften aus Drasenhofen bei einem Ausgang weggelaufen sein) sind bei Verwandten oder Bekannten untergetaucht. Viele der jungen Flüchtlinge haben einen negativen Asylbescheid (Anm.: obwohl zum Teil noch nicht alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind und somit noch Hoffnung besteht).

"Auch die fünf abgängigen Teenager wissen Bescheid, dass sie nach St. Gabriel kommen dürfen bzw. sollen", so Schwertner. Die Sorgen von Mödlings Bürgermeister Hans Stefan Hintner kann Schwertner nur bedingt nachvollziehen: "Ja, es gab Probleme mit jungen Flüchtlingen, aber das war eine Mödlinger Einrichtung und ein anderer Träger bzw. Betreuer. Hier in St. Gabriel haben die neun Burschen jetzt Rund-um-die-Uhr-Betreuung und dürfen natürlich raus und zwar ohne Begleitung, also alleine. Es sind Jugendliche und keine Kriminellen."

"Überschaubare Gruppe"

Laut Caritas-Infos sind derzeit 24 Menschen in St. Gabriel (Anm.: ohne die neun Minderjährigen), großteils Familien und einige Sonderbetreute (Kranke, darunter auch ein schwerer Krebsfall, psychisch Kranke). "Aber die neun Flüchtlinge werden jetzt von der Kinder- und Jugendhilfe betreut und somit ist die Betreuungsqualität garantiert. Anders als noch im Juni 2018 ist es jetzt eine überschaubare Gruppe von Jugendlichen, die sehr engmaschig betreut wird", so Schwertner am Samstagmittag abschließend. Noch am Freitag wurde auch der Bürgermeister von Maria Enzersdorf informiert. "Der Ortschef von Maria Enzersdorf hat gelassen reagiert", so Klaus Schwertner. SOS Kinderdorf hatte angeboten bis zu 20 Minderjährige zu übernehmen ("Heute" berichtete). "Das ist sehr nett, aber nicht mehr notwendig", so Schwertner.

NGOs, Grüne, Neos, SP begrüßen die Schließung von Drasenhofen - sie hatten die Tage davor heftige Kritik geübt. Helga Krismer sprach von untragbaren Zuständen und einer De-Facto-Internierung der Jugendlichen. Die nö. Grünen-Chefin will daher in der nächsten nö. Landtagssitzung wieder einen Misstrauensantrag gegen Gottfried Waldhäusl einbringen ("Heute" berichtete).

Kritik nach Mord

In St. Gabriel waren bis Juni 2018 knapp 100 Flüchtlinge untergebracht, darunter 40 Minderjährige. Durch den Mord in St. Gabriel ("Heute" berichtete) und die Attacke mit der Eisenstange ("Heute" berichtete) waren das Asylheim und auch die Caritas in die Kritik geraten.

Stacheldraht weg

Auch FP-Landesrat Gottfried Waldhäusl zeigt sich ob der Rückführung nach St. Gabriel besorgt: "Es darf nur gehofft werden, dass nichts passiert. Jetzt sind wieder alle zusammen." Indes meldet Waldhäusl, dass der Stacheldraht in Drasenhofen am Samstagmittag schon entfernt wird/entfernt wurde. "Mir geht es rein um die Sache, daher wird der Stacheldraht umgehend entfernt und die Mängel behoben. Die auffälligen Burschen will einfach kaum einer nehmen, haben auf die integrationswilligen Teenager einen schlechten Einfluss. Und darum war Drasenhofen eine gute Lösung."

Es seien laut FP-Politiker zwar keine Schwerverbrecher, aber notorische (teils polizeibekannte) Störenfriede, ein Bursche hatte alleine in acht Wochen in einer ehemaligen Unterkunft neun negative Einträge – unter anderem eine Schlägerei, ein Angriff auf eine Krankenschwester (Anm.: fand im März 2017 statt) und Beleidigungen unter Alkoholeinfluss.

Untergetauchte Teenager

Kritik an Waldhäusl, er hätte Freiheitsentzug begangen (Anm.: es wurde Strafanzeige gegen Waldhäusl erstattet) oder das Heim in Drasenhofen geheim auffüllen lassen, weist der FP-Landesrat zurück: "Acht Burschen sind abgehauen und untergetaucht, also soviel zum Freiheitsentzug. Und nur weil einige das verschlafen haben, heißt es nicht, dass ich Informationen unterdrückt hätte." Die ersten Bewohner zogen übrigens am Montag nach Drasenhofen, "Heute" rief am Montag im Büro des Landesrates an, dort wurde der Sachverhalt bestätigt und "Heute" berichtete als erstes Medium über "Alcatraz Drasenhofen".

Interessant: Die Caritas bestätigte Samstagmittag (Stand 11.20 Uhr) fünf abgängige Minderjährige, wobei Klaus Schwertner im "Heute"-Gespräch betonte: "Wir haben mit allen fünf schon gesprochen und sie wissen, dass sie nach St. Gabriel kommen sollen." Gottfried Waldhäusl spricht indes von acht untergetauchten Flüchtlingen. Das hieße, sofern die Angaben richtig sind: Drei Teeanger sind untergetaucht und keiner weiß, wo sie sind.

So denken die Leser

61 Prozent der "Heute"-Leser halten das Lager in Drasenhofen für völlig richtig, 9 % für eher richtig. 28 % finden das Ayslheim Drasenhofer schrecklich (es erinnert an dunkle Zeiten), 2 % halten das Heim für eher falsch. Immerhin haben bis dato über 3.5oo User an der Abstimmung teilgenommen (Anm.: exakt 3.549 Teilnehmer am 1.12. um 13.55 Uhr; Abstimmung ist seit 27.11. online). (Lie)

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