Coronavirus

Eltern gehen gegen Online-Unterricht auf die Barrikaden

Das Thema Schulschließungen für alle Unter-14-Jährigen hängt wie ein Damoklesschwert über Österreich. Jetzt laufen Eltern gegen Homeschooling Sturm.

Heute Redaktion
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Die "Initiative Eltern" kritisiert das Bildungsministerium scharf
Die "Initiative Eltern" kritisiert das Bildungsministerium scharf
picturedesk.com/Daniel Scharinger; Screenshot Facebook

Noch bleiben die Schulen von der Unterstufe abwärts für alle Kinder geöffnet, der Unterricht geht weiter. Doch wie lange noch? Angesichts der dramatischen Corona-Zahlen läuft die Gerüchteküche darüber, dass bald alle Bildungsinstitutionen "zugemacht" werden könnten, heißt es. 

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hatte noch am Wochenende von "weichenstellenden" Tagen gesprochen und weitere Verschärfungen des Lockdowns in den Raum gestellt. "Heute"-Kolumnist Nikolaus Glattauer befürchtet deshalb schon eine Schließung der Schulen ab 16. November. Für die Eltern würde das ein weiteres Mal bedeuten, dass sie mit ihrem Nachwuchs zuhause bleiben müssten – eine echte Herausforderung.

Aus erstem Lockdown "nicht viel gelernt"

Die "Initiative Eltern" aus Oberösterreich steigt deshalb nun gegen Homeschooling auf die Barrikaden. "Niemand spricht mit uns Eltern, obwohl wir die größte Aufgabe beim Online-Unterricht haben", empört sich Initiator Peter Androsch. Er, selbst Vater von zwei schulpflichtigen Kindern, hat sich deshalb nun mit anderen Eltern zusammengetan und einen offenen Brief an Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und die Bildungsdirektionen der Länder verfasst.

"Würden Sie Ihr Kind täglich sechs oder mehr Stunden vor den Bildschirm zwingen? Nein? Die Schulen tun es", schreiben sie darin. Die Verantwortlichen hätten aus dem ersten Lockdown "nicht viel gelernt". Schulpflicht könne nicht heißen, dass Eltern zu Hause verpflichtet würden, Computer und Internet zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig werde man zur Nutzung kommerzieller Plattformen genötigt, da es immer noch an einer entsprechenden staatlichen Alternative fehle.

"Ausgegrenzt und diffamiert"

"Die Schulen behandeln Eltern wie Befehlsempfänger. Statt Druck herauszunehmen, passiert das Gegenteil. Wer nicht mittut, bekommt schlechtere Noten!", poltert Androsch in dem Schriftstück (in voller Länge unten) weiter. "Die, die dem Online-Zwang nicht nachkommen wollen oder können, werden als Minderleister ausgegrenzt und diffamiert. Das ist das Gegenteil von dem, was wir in der Krise brauchen."

Er wünscht sich eine Einbindung aller Beteiligten: "Eltern müssen täglich einen großen Beitrag leisten zum schulischen Fortkommen ihrer Kinder und können in so weitreichenden Entscheidungen nicht weiter ignoriert werden. Vertrauen ist das Zauberwort". Jede Klasse müsst die passendste Methode des Homeschoolings mit den Eltern klären können dürfen.

Landespolitik gegen Schulschließungen, aber ...

Rückhalt bekommen sie von der Landespolitik. Sowohl Niederösterreichs Landeschefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) als auch Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Burgenland wollen einen neuerlichen Shutdown der Schulen nicht mittragen.  

"Ich spreche mich entschieden gegen einen neuerlichen Bildungslockdown aus", so Doskozil zu "Heute". Eine solche Maßnahme "würde verlorene Zeit für die betroffenen Kinder bedeuten und ihre Bildungsentwicklung massiv beeinträchtigen."

Mikl-Leitner plädierte dafür,  "die Schulen unter strengen Hygiene-Vorschriften so lange wie möglich offenzuhalten". "Zum einen ist das wichtig, um unsere Familien in der Betreuung nicht zu überfordern und den Kindern und Jugendlichen eine bestmögliche Bildung anzubieten. Zum anderen tragen offene Schulen auch dazu bei, zusätzliche wirtschaftliche Schäden möglichst gering zu halten", argumentierte sie in Hinblick auf die weiterhin geöffneten Betriebe.

... Experten sind dafür

Auf der anderen Seite der Medaille stehen viel Experten, die einen Schul-Shutdown für notwendig erachten. Das geringe Infektionsverhalten unter den Kindern sei dabei weniger das ausschlaggebende Kritium, als dass Schulen orte sind, an denen sich viele Menschen, auch Erwachsene, begegnen. Jetzt gelte es die Kontakte zu anderen Personen stark einzudämmen, um gegen das Virus eine Chance zu haben.

Bildungsminister Faßmann ist sich dem Streitthema durchaus bewusst: "Es gibt eine vielfältige Forschungslage zu dem Thema", erklärte der Verantwortliche in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Wichtig ist es, die Balance zwischen Gesundheitsschutz und den berechtigten Interessen auf Bildung herzustellen".