"Radikaler Verfassungsfeind": Der Betreiber des YouTube-Kanals "Clownswelt" wirft dem deutschen Moderator Jan Böhmermann Doxxing vor. Dabei geht es um das Sammeln und Veröffentlichen von persönlichen Daten einer Person im Internet, in vielen Fällen mit böswilligen Absichten.
Böhmermann hatte am Freitag in seiner Sendung "ZDF Magazin Royale" die Identität des bislang anonymen YouTubers, der sich "Clownie" nennt, enthüllt. Der Satiriker nannte sowohl den vollen Klarnamen des Mannes als auch seinen beruflichen Werdegang sowie weitere identifizierende Merkmale.
Laut der Sendung handelt es sich um einen 29-jährigen Metal-Gitarristen aus Ostwestfalen, der sogar bereits vom Verfassungsschutz beobachtet werde, schreibt die Zeitschrift "Rolling Stone". Er habe nach dem Abitur ein Lehramtsstudium begonnen, dieses jedoch nicht abgeschlossen.
Nach Bekanntwerden seiner Identität distanzierte sich seine Band von "Clownie". Auf Instagram gaben die Musiker an, dass der YouTuber nicht länger Mitglied sei. Man habe sich aufgrund "unüberwindlicher persönlicher Differenzen" getrennt, heißt es.
Böhmermann begründete die Enthüllung damit, dass "Clownswelt" mit seinen rechten Positionen längst im gesellschaftlichen Mainstream angekommen und damit die Anonymität des Betreibers nicht mehr schützenswert sei. "Wer im Internet vor 227.000 Abonnenten 'die Wahrheit' sagt, der kann doch auch sein Gesicht zeigen", sagte der Moderator in der Sendung.
In einem 25-minütigen Video, das Clownie in der Nacht auf Sonntag postete, nimmt der YouTuber nun zu dem Doxxing durch Jan Böhmermann Stellung. Er bezichtigt Böhmermann, die Abläufe falsch dargestellt zu haben. Nach seinen Angaben hätten Vertreter von "Zeit" und "ZDF Magazin Royale" unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Kontakt zu ihm aufgenommen und ihn anschließend unter Druck gesetzt.
Zunächst sei er von einer Influencer-Agentur mit unterdrückter Nummer kontaktiert worden. Diese habe behauptet, seine private Telefonnummer von einem gemeinsamen Bekannten erhalten zu haben. Einige Tage später meldete sich ein "Zeit"-Redaktor bei ihm, sprach ihn mit seinem Klarnamen an und bat um ein Interview im Rahmen einer Recherche über bekannte YouTuber. Man habe ihm sogar vorgeschlagen, ihn zu Hause zu besuchen – ein Hinweis darauf, dass seine Privatadresse den Journalisten bereits bekannt war.
Der YouTuber empfindet die "penetranten Kontaktversuche" als Versuch der Einschüchterung – zumal ihm seine Anonymität so wichtig sei. Diese begründet er mit Erfahrungen, wonach rechte Personen in der Vergangenheit von Linksextremen bedroht, angegriffen oder deren Autos angezündet worden seien.
Wer ist "Clownie"?
"Clownie" ist der Deckname eines anonymen, rechtsgerichteten YouTubers, der sich mit menschenverachtender Rhetorik und Hetze eine große Reichweite erarbeitet hat. Wöchentlich veröffentlicht er Videos, in denen er Politiker beleidigt, Persönlichkeitsrechte verletzt und Minderheiten verächtlich macht. Sein Stil ist provokant und aggressiv.
So hat er etwa den ehemaligen Bundeskanzler Olaf Scholz als "Kriegstreiber" verunglimpft oder Klimaaktivistin Greta Thunberg als "zurückgeblieben" bezeichnet. Während er in den vergangenen vier Jahren Menschen öffentlich an den Pranger stellte, blieb seine eigene Identität bislang im Verborgenen.
Wie die "Zeit" schreibt, sei Clownie Teil eines größeren Netzwerks radikaler rechter Influencer, das sich im sogenannten "Angerverse" formiert hat – ein digitales Milieu, in dem Frustration und Hass kultiviert werden. Besonders auffällig: Die Inhalte wirken auf Jugendliche wie Unterhaltung, sind aber durchsetzt mit Ideologie und Verachtung für andere Lebensentwürfe. Die Grenze zur Satire wird dabei bewusst verwischt.
Der Konflikt hat im Netz zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Böhmermanns Vorgehen stößt auf Zustimmung. Der Moderator und seine Arbeitgeberin werden aber auch harsch für ihre Methoden kritisiert. Die AfD meldete sich auf X zu Wort und kritisierte scharf, das öffentlich-rechtliche Fernsehen mache kritische Stimmen mundtot. Die Partei zog einen Vergleich zu Methoden totalitärer Regime. Der Verfassungsschutz hatte die AfD kürzlich als "gesichert rechtsextrem" eingestuft, den Entscheid dann aber vorläufig zurückgenommen.
Ob die Veröffentlichung rechtliche Konsequenzen für Böhmermann oder das ZDF nach sich zieht, ist derzeit unklar. Doch als Corona-Leugner 2020 Böhmermanns Wohnadresse auf Telegram stellten, wandte sich der Satiriker an die Behörden. In der Folge nahm der Staatsschutz Ermittlungen auf.