Fischler, Maier, Palfrader

"Ende der ÖVP" – schwarze Ex-Politiker warnen vor Kickl

Die Regierungsverhandlungen machen am Wochenende Pause, dennoch gibt es einige neue Informationen. Zudem äußerten sich nun auch Urgesteine der ÖVP.
Lukas Leitner
09.02.2025, 09:42
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Der Postenkonflikt in den blau-schwarzen Regierungsverhandlungen spitzt sich immer weiter zu – auch am Wochenende, wo FPÖ und ÖVP eigentlich eine Pause einlegen und erst Anfang der nächsten Woche weitere Gespräche führen wollen. Doch neue Informationen aus den Verhandlerkreisen machten nun am Samstag die Runde – der "Zeit im Bild" liegt das Protokoll der Untergruppen vor.

Protokoll gibt Einblick in Verhandlungen

Rund 200 Seiten ist es lang und zeigt genau, wo sich die Verhandler der Parteien einig geworden sind und wo noch Diskussionsbedarf herrscht. Für Aufsehen sorgten dabei besonders die Forderungen der Freiheitlichen.

So wollen sie etwa bei der Außenpolitik den WHO-Pandemievertrag nicht länger akzeptieren und Österreich soll aus der Nato-Partnerschaft für Frieden austreten. An den Amtsgebäuden in Österreich soll zudem die EU-Fahne nicht länger angebracht werden.

Darüber hinaus will die FPÖ auf illegale Pushbacks an der EU-Außengrenze und einer Aussetzung des Asylrechts bestehen. Kürzlich beschlossene ÖVP-Gesetze wie das Krisensicherheitsgesetz oder die CO₂-Bepreisung gehören abgeschafft, so die Blauen. Der Grundwehrdienst soll zudem auf 10 Monate ausgeweitet werden.

Die Liste ist – wie der ORF berichtete – bereits mehrere Tage alt, in einigen Punkten dürften die Meinungsverschiedenheiten deshalb bereits ausgeräumt sein. ÖVP-Chefverhandler Wolfgang Hattmansdorfer pochte am Samstag im ORF aber dennoch, auf einen proeuropäischen Kurs der nächsten Regierung. Laut der Zeit im Bild seien sich blau-schwarz zudem in vielen Punkten noch nicht einig. Diese müssen nun unter anderem auch Chefebene ausverhandelt werden.

Postenvergabe endet in Verhandlungspause

Gesprächsbedarf ist also nach wie vor vorhanden – zu den thematischen Unstimmigkeiten kommen seit letzter Woche aber auch die Postenvergabe hinzu. Diese drohten in den vergangenen Tagen sogar die Verhandlungen zum Platzen zu bringen – Bundespräsident Alexander Van der Bellen musste, als Mediator einschreiten. Die Gespräche wurden am Freitag fortgesetzt, aber schon nach 40 Minuten wieder beendet. Über das Wochenende wird eine Pause eingelegt, Anfang der kommenden Woche soll es dann weitergehen.

Grund für die Unstimmigkeiten war ein FPÖ-Vorschlag zur Aufteilung der Ressorts. Die Freiheitlichen wollten nämlich sowohl Bundeskanzleramt als auch Finanz- und Innenministerium besetzen. Die mächtigsten Bereiche würden also bei den Blauen landen. Für die Volkspartei nicht akzeptabel, ein No-Go. Die Schwarzen beharren auf das Innenministerium, weil unter blauer Führung eine Isolation Österreichs von ausländischen Nachrichten- und Geheimdiensten drohe, so die Volkspartei. Eine Einigung war bis zuletzt nicht in Sicht.

Doch auch hier tauchte über das Wochenende ein neuer Plan zur Vergabe der Ressorts auf – das Innenministerium könnte sich demnach aufteilen. Die FPÖ würde dann einen "Migrationsminister" bekommen, während Agenden wie öffentliche Sicherheit, Polizei und Staatsschutz bei der ÖVP bleiben. Das wäre aber ein Novum, dass es wirklich dazu kommt, scheint unwahrscheinlich. Eine finale Aufteilung dürfte es erst in der nächsten Woche geben.

ÖVP-Urgesteine gegen Regierung

In der aktuell herrschenden Verhandlungspause meldeten sich nun aber auch vier ÖVP-Urgesteine zu Wort und äußerten ihr Bedenken. Bernhard Görg (ehemaliger Wiener Vizebürgermeister), Beate Palfrader (war für 14 Jahre in der Tiroler Landesregierungen), Ferdinand Maier (ehemaliger General) und Franz Fischler (ehemaliger Landwirtschaftsminister und EU-Kommissar) warnen im "Standard" weiterhin vor einer Koalition mit der FPÖ. Auch dürfe man den Blauen nicht das Innenministerium überlassen – Görg spricht dabei insgesamt vor einem "Fehler historischen Ausmaßes".

Für die vier sei die freiheitliche Reklamation des Innenministeriums besonders alarmierend. Immerhin verliert man schon das Kanzleramt, "wenn die ÖVP aber auch noch das Innenministerium abgibt, ist es nicht nur eine Demütigung, sondern auch Selbstaufgabe", so der ehemalige Parteigeneral Maier.

Fischler und Palfrader erinnern zudem an die Aussagen der Partei vor der Wahl. Damals wurde immerhin eine Koalition mit der FPÖ unter der Führung von Herbert Kickl strikt ausgeschlossen. Dass man ihn nun zum Kanzler mache, sei "grotesk".

"ÖVP unterwirft sich"

Sollte die Koalition dennoch kommen und die Verhandlungen letztlich positiv verlaufen, ordnen die vier Granden außer Dienst ein Ende der Volkspartei als prägende politische Kraft. Die ÖVP würde nun zum "'billigen Jakob' für die FPÖ" werden, warnte Görg. "Kickl verlangt Unterwerfung – und die ÖVP unterwirft sich. Wir liefern uns einer in jeder Hinsicht undiskutablen Partei aus", fuhr er fort.

Als Juniorpartner würde sich die ÖVP in einer "Abwärtsspirale" befinden, so Maier. Alles, was in der kommenden Regierung schieflaufe, würde Herbert Kickl der Volkspartei umhängen. Görg, der letzte Wiener ÖVP-Vizebürgermeister, nannte den Kurs, den die Schwarzen nun einschlagen, sogar "verrückt".

Auch Fischler teile die Einschätzungen: "Ich bin mir sicher, dass eine FPÖ-geführte Regierung mittelfristig zum Niedergang, zur Verzwergung der ÖVP führt."

{title && {title} } LL, {title && {title} } Akt. 09.02.2025, 09:49, 09.02.2025, 09:42
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