"Waffe in Mund gehalten"

Entführung, Erpressung – plötzliche Wende vor Gericht

Schwerste Vorwürfe gegen ein tschetschenisches Brüderpaar: Sie sollen einen Türken entführt und um 150.000 € erpresst haben. Am Ende kam alles anders.
Christian Tomsits
30.04.2025, 12:53
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Die Anklage liest sich wie ein Mafia-Thriller, die erhobenen Vorwürfe wiegen wirklich schwer: Wegen schweren bewaffneten Raubs, Erpressung und mit Qualen verbundener Freiheitsentziehung drohte einem tschetschenischen Geschwisterpaar jahrelange Haft.

Der 30-Jährige und sein kleiner Bruder (23) sollen im September von einem ehemaligen Geschäftspartner ihres verstorbenen Vaters rund 150.000 Euro in brutalster Gangster-Manier eingefordert haben. Plötzlich seien sie ins Büro des Investors gestürmt sein, hätten dann den Türken gewürgt, ihm eine Pistole in seinen Mund und ein Messer an den Bauch gehalten. "Du gibst uns das Geld oder wir bringen dich um", sei dem zitternden Mann gedroht worden.

Dann zerrte das Duo das Opfer laut Anklage in ein Auto und fuhr mit ihm in die Lobau, wo der Entführte geglaubt haben soll, ihm habe die letzte Stunde geschlagen. Nur weil er zusicherte, Geld zu bezahlen und sich bei der verwitweten Mutter der jungen Männer entschuldigte, wäre er mit dem Leben davongekommen. Verängstigt sagte der Türke das alles bei der Polizei aus und erstattete Anzeige. Sofort wurden die Tschetschenen gesucht, gefunden, gefasst und eingesperrt – U-Haft!

Doch dann soll der Verteidiger der Brüder ein abgekartetes Spiel gestartet haben, weswegen er nun ein Disziplinarverfahren der Anwaltskammer am Hals hat. Denn der Jurist und seine Assistentin sollen Kontakt zum Geschädigten gesucht haben und – während die Mandanten in Häf’n saßen – das angebliche Opfer mehrmals davon abgehalten haben, seine atemberaubende Aussage zurückzuziehen.

Wieso ist unklar. "Das ist die eigentliche Frage", tobte Star-Anwalt Niki Rast, der den unglaublichen Fall kurz vor der Verhandlung übernommen hatte. Er konnte ein Alibi der Brüder vorlegen, sprach einer "erlogenen und erstunkenen" Räubergeschichte. Und tatsächlich: Im Zeugenstand knickte der Geschäftsmann, vor dem sogar schon die Finanzmarktaufsicht warnt, ein und gestand unsicher grinsend, alles frei erfunden zu haben.

Star-Anwalt Niki Rast verteidigte die Brüder, erwirkte einen glatten Freispruch.
Denise Auer

"Sie sind jetzt in groben Schwierigkeiten", stellte der Richter fest und fällte das einzig logische Urteil: Zwei Freisprüche (nicht rechtskräftig), sofortige Enthaftung und ein Verfahren wegen falscher Beweisaussage gegen den Zeugen waren die Folge.

{title && {title} } ct, {title && {title} } 30.04.2025, 12:53
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