Spielt in "Moby Dick"-Stück

Feministin mit 130 Kilo: "Werde oft als Wal beleidigt"

Ina Holub bezeichnet sich selbst als fett und homosexuell. Im "Heute"-Interview spricht sie offen über Diskriminierungen und Beleidigungen.
Christine Ziechert
30.04.2025, 06:00
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Fat-Acceptance-Aktivistin Ina Holub (40) ist eine schillernde Figur in Wiens (queerer) Szene: Ab heute, Mittwoch, ist sie im Theaterstück "14.000 Kilo" (Kosmos Theater) zum ersten Mal auf der Bühne zu sehen. Das Stück – der Titel spielt auf das Gewicht eines weiblichen Pottwals an – ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem Klassiker "Moby Dick". Das mehrgewichtige Ensemble widmet sich den Themen Körperfett und Gewichtsdiskriminierung.

Themen, von denen auch Ina Holub im Alltag betroffen ist: "Die meisten fetten Personen, die ich kenne, inklusive mir, wurden schon Wal genannt – beim Schwimmen usw. Bei mir ist da eigentlich jede Sommersaison eine Person auf Insta am Start. Ein wichtiger Grund, warum ich bei dem Stück mitmache, ist daher, dass die Scham zurück zu den Personen kehrt, die sie spüren sollten – jene, die Fettphobie verbreiten, und nicht jene, die mehrgewichtig sind", erzählt Holub.

"Passt die durch die eigene Tür?"

Fettphobe Beleidigungen kennt die Wienerin, die vor einem Jahr Österreichs ersten inklusiven Haarsalon "Soft & Cut" für marginalisierte Personen eröffnete, zur Genüge: "Das sind dann Kommentare wie 'Kann man mit diesen Wurstfingern überhaupt Haare schneiden?', 'Die ist so hässlich, da würde ich nicht hingehen' oder 'Passt die durch die eigene Tür?'. Oft werde ich auch ungewollt auf der Straße fotografiert", berichtet die Bodypositivity-Aktivistin.

Die Fettphobie mischt sich im Fall von Holub dann auch oft mit Homophobie: "Ich habe nicht nur einmal gehört: 'Die ist bestimmt lesbisch, weil sie so fett ist, dass sie keinen abbekommt.' Oder zu meiner Frau wurde sogar einmal in meinem Beisein gesagt: 'Es ist so schön, zu sehen, dass Liebe blind macht.' Das sind jetzt nur persönliche Beispiele, aber die gibt es in der einen oder anderen Form tausendfach. Jede mehrgewichtige Person könnte ihre eigene Geschichte dazu erzählen."

Hate-Nachrichten werden gelöscht

Beleidigungen und Hate-Nachrichten löscht die 40-Jährige auf ihren Social-Media-Accounts sofort: "Ich möchte nicht, dass Leute, die unter Umständen zum ersten Mal auf mein Profil kommen, Beschimpfungen wie 'Du fette Sau' lesen. Sondern, die sollen sich eher bestärkt fühlen, und das Gefühl haben, dass es zwar ein öffentlicher Space ist, dieser aber geprägt von Verständnis und Zusammenhalt ist."

Wird Holub persönlich mit Diskriminierungen und Beschimpfungen konfrontiert, wird es schon schwieriger: "Mir wurde schon jede Form von Gewalt, auch sexualisierte, angedroht. Ich bin daher sehr vorsichtig geworden, wie das Setting ist. Ich muss ehrlich sagen, wenn es eine Männergruppe ist, dann sage ich nichts, wegen meiner Sicherheit. Als queere Frau muss man einfach immer überlegen: Kann ich mir das gerade leisten, dass ich darauf eine schnippische Antwort gebe?"

„Ich bin eine schwarzhaarige Frau, ich bin eine fette Frau, ich bin eine homosexuelle Frau“
Ina Holubmehrgewichtige Schauspielerin, Haarsalon-Besitzerin und Fettfeministin

Die 130-Kilo-Frau bezeichnet selbst als "fett und homosexuell": "Ich bin diverse Namen durchgegangen. Angefangen habe ich, glaube ich, mit flauschig, mittlerweile ist es fett. Die negative Konnotation hat das Wort ja erst viel später bekommen. Fett benutzt man sehr selten für einen Mann. Eine Frau ist fett, ein Mann ist stattlich oder robust. Es war mir wichtig, dieses Wort zurückzuholen. Ich bin eine schwarzhaarige Frau, ich bin eine fette Frau, ich bin eine homosexuelle Frau."

Laut Holub gibt es keinen Bereich für mehrgewichtige Menschen, "wo nicht Diskriminierung stattfindet": "Es passiert überall, im Theater, beim Tanz, in den klassischen Haarsalons. Meine Frau und ich sind letztens geflogen. Es waren mehrere mehrgewichtige Personen an Bord, aber es gab nur zwei Gurtverlängerungen. Das heißt, es sind mehrere Personen geflogen, ohne angeschnallt zu sein. Zum Glück ist nichts passiert, aber es ist klar, das geht nicht!"

Mit 8 Jahren ins Abnehmcamp

Schon in jungen Jahren wurde ihr Gewicht zum Thema gemacht: "Ich war schon als Kind mehrgewichtig. Wobei, wenn ich jetzt die Fotos von mir als Kind sehe, denke ich mir, wo denn? Aber ich weiß, dass ich mit acht Jahren zum ersten Mal in einem Abnehmcamp war, weil meine Schuluniform am Bauch ein bisschen gespannt hat. Und in den Teenagerjahren hadert man ja oft mit sich selbst und auch mit dem eigenen Körper."

Die Wienerin, die auch den Tanzstil Voguing unterrichtet, hat "jede einzelne Diät, die du aufzählen kannst, gemacht": "Man zerstört mit den Diäten den eigenen Körperrhythmus. Ich fand es furchtbar, ganz schlimm. Ich habe mich gehasst. Und ich glaube, dass ich jetzt vor allem psychisch, aber auch generell, gesünder und wahrscheinlich sogar dünner wäre, wenn ich diese Diäten nicht gemacht hätte."

„Allein sagen zu können: 'Hey, ich mag' mich' – das ist schon ein sehr rebellischer Akt in dieser Zeit“
Ina Holubist mit ihrem Körper zufrieden

Heute ist Holub mit ihrem Körper meistens im Einklang: "Ich würde sagen, ich bin sehr zufrieden und zuversichtlich. Ich würde aber nicht sagen, ich liebe meinen Körper oder bin jemand, der 'liebe deinen Körper' predigt. Aber das muss es auch gar nicht sein. Allein die Akzeptanz und sagen zu können: 'Hey, ich mag' mich' – das ist schon ein sehr rebellischer Akt in dieser Zeit. Und das ist bei mir auf jeden Fall so."

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