Eline Van Der Velden hat mit ihren Aussagen in Zürich einen ziemlichen Wirbel ausgelöst. Die 39-jährige Geschäftsführerin bietet mit ihrer Firma Particle 6 Dienste eines Filmproduktionsstudios an und greift dabei praktisch ausschließlich auf künstliche Intelligenz (KI) zurück. Außerdem hat das Unternehmen eine KI-Schauspielerin namens Tilly Norwood kreiert, die Van Der Velden nun weltberühmt gemacht hat.
Die Unternehmerin erzählte an einer Podiumsdiskussion am Rande des Zurich Film Festivals, dass mehrere Agenturen Interesse angemeldet hätten, die digitale Schauspielerin unter Vertrag zu nehmen und zu vertreten, wie "Variety" berichtet. "Wir wollen, dass Tilly die nächste Scarlett Johansson (40) oder Natalie Portman (44) wird, das ist das Ziel unserer Bemühungen", sagte Van Der Velden bereits im Juli gegenüber "Broadcast International". Damit hat sie in ein Wespennest gestochen.
Schauspielerinnen wie die 35-jährige Mexikanerin Melissa Barrera können nicht fassen, dass Agenturen KI-Darstellerinnen unter Vertrag nehmen wollen. Barrera unterstellt ihnen, aus Geldgier auf digitale Schöpfungen zu setzen, die alles mit sich machen lassen. "Ich hoffe, alle Schauspielerinnen und Schauspieler feuern ihre Agenten, die KI-Darstellende vertreten. Das ist so eklig", schrieb sie bei Instagram zu einem Beitrag über Tilly Norwood.
Zahlreiche Newsplattformen warnen vor den potenziellen Folgen solcher Entwicklungen. Besonders scharf ist die Kritik an der KI-Schauspielerin auf Social Media. "Ich finde es sehr bezeichnend, dass die erste KI-Schöpfung weiblich programmiert ist. Natürlich werden Frauen als Erste ersetzt", schreibt etwa jemand bei Reddit und löst eine Diskussion aus.
Viele irritiert, dass Tilly aussehe, als wäre sie ungefähr 15 Jahre alt. Mit ihr könne man Kinderarbeitsgesetze aushebeln, Schönheitsstandards weiter pervertieren und der ewigen Jugend frönen. "Die Schauspieler müssen noch einmal streiken, bevor das zur Normalität wird, denn was soll der Sch**ß eigentlich?", fasst ein Reddit-User zusammen.
Das Europäische Polizeiamt hat erst im Februar 25 Menschen verhaftet, die mittels KI Material erstellten, das sexuellen Missbrauch an Kindern zeigte. Es war einer der ersten Fälle, die sich mit KI-erstellten Bildern befassen. "Besonders schwierig war, dass es noch an nationalen Rechtsvorschriften fehlt, um solche Straftaten zu bekämpfen", schreibt Europol. EU-Mitgliedsstaaten beraten sich zurzeit zu dem Thema.
Währenddessen verteidigt Van Der Velden ihre Schöpfung Tilly Norwood. Tilly sei kein Ersatz für Menschen, sie sei ein Kunstobjekt, in dem viel Arbeit stecke. "Sie ist ein weiteres Werkzeug, das die Filmproduktion ergänzt. Mit ihr öffnen wir Türen zu neuen Stimmen, neuen Geschichten und neuen Wegen, um miteinander in Verbindung zu treten", schreibt sie bei Instagram. Die Kommentarfunktion hat sie ausgeschaltet.
