Gesundheit

"Es sind genug Jodtabletten da" – kein Grund zur Panik

Wer Jodtabletten zu Hause haben sollte, wo man sie bekommt und warum es keinen Grund zur Panik gibt - das verrät Apothekerin Christa Wenkoff. 

Christine Scharfetter
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Jodtabletten sind für unter 18-Jährige, Schwangere und Stillende in Österreich gratis.
Jodtabletten sind für unter 18-Jährige, Schwangere und Stillende in Österreich gratis.
Rainer Jensen / dpa / picturedesk.com

Die Österreicher stürmen die Apotheken, um sich – nein, ausnahmsweise nicht mit Klopapier, sondern – Jodtabletten einzudecken. Veranlasst wurde dieser "panikhafte Hamsterkauf" wohl durch die erhöhten Strahlenwerte rund um die Ruine des Atomkraftwerks Tschernobyl durch aufgewirbelte radioaktiv belastete Erde. Aber auch ein unwahrscheinlicher, jedoch möglicher Atomkrieg, sowie die im Kriegsgebiet befindlichen Atomreaktion sorgen für Unruhe in der österreichischen Bevölkerung.

Hinzu kam vergangene Woche die Meldung, dass es in den Wiener Apotheken Engpässe bei Kalium-Jodid-Tabletten gebe. Fakt ist allerdings, "gerade vor zwei drei Wochen wurde die alte gegen neue Wage ausgetauscht, zu dem Zeitpunkt war von einem Krieg in der Ukraine überhaupt noch gar keine Rede. Eigentlich ein Glücksfall", erklärt die Wiener Apothekerin Christa Wenkoff im "Heute"-Gespräch. Das betrifft zumindest den Vorrat, der für die Gratis-Ausgabe für Kinder unter 18 Jahren, Schwangere und Stillende gedacht ist. Ausgegeben werden diese völlig subtil auf Nachfrage.

Wer nicht in eine dieser drei Gruppen fällt, kann Jodtabletten auch bald wieder käuflich um etwa 12 Euro in den Apotheken erwerben: "Die neue Charge wird jeden Tag erwartet."

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    Nach ukrainischen Medienberichten ist es in der Nacht zu Mittwoch zu Gefechten mit der russischen Armee gekommen. In Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, haben russische Soldaten ein Krankenhaus angegriffen, meldete die Agentur Unian.
    Nach ukrainischen Medienberichten ist es in der Nacht zu Mittwoch zu Gefechten mit der russischen Armee gekommen. In Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, haben russische Soldaten ein Krankenhaus angegriffen, meldete die Agentur Unian.
    SERGEY BOBOK / AFP / picturedesk.com

    Jodtabletten notfalls schnell verfügbar

    Dennoch betont Wenkoff, dass ein Vorrat im privaten Haushalt gar nicht notwendig ist. "Es gibt in Österreich ausreichend Gratis-Ware in ausreichend Lagern. Es ist in jeder Apotheke in Österreich ein Lagerdepot vorhanden, wo man notfalls auch sehr schnell hingehen kann. Auch jede Schule und jeder Kindergarten hat auch ein kleines Lager für die Kinder."

    Wann dies der Fall ist und man für sich oder seinen Nachwuchs tatsächlich eine Packung holen soll, erfahre man mittels Verlautbarung durch die Medien. "Und nur dann nimmt man das Jod ein", so die Apothekerin.

    Vergleich mit Feuerlöscher

    Wenkoff zieht bei der "prophylaktischen" Einnahme einen Vergleich mit einem Feuerlöscher: "Einen Feuerlöscher habe Sie auch nur für den Notfall zu Hause und würden niemals vorher mit dem Schaum herumspritzen. Das würde viel mehr Schaden anrichten als sonst und am Ende auch kein Feuer verhindern. Sie würden einen Feuerlöscher nur verwenden, wenn wirklich ein Feuer ausbricht. Das ist mit den Jodtabletten auch so." Diese verwende man nur, wenn es zu einem Austritt von radioaktivem Jod durch einen Reaktorunfall oder durch einen Krieg komme. "Allerdings muss das auch relativ nahe an Österreich sein und der Wind ungünstig in unsere Richtung wehen."

    Über 40-Jährige: Finger weg!

    Von der Einnahme seien im Fall der Fälle vor allem unter 18-Jährige betroffen, weil "die Schilddrüse sich noch entwickelt und deshalb sehr viel Jod einlagert. Die Tabletten verhindern, dass radioaktives Jod eingelagert wird und am Ende Krebs auslöst". Schwangere und stillende Frauen würden die Tabletten für ihre Babys einnehmen.

    Bei unter 40-Jährigen wäre eine Einnahme von Kalium-Jodid-Tabletten nur unter ganz bestimmten Fällen erforderlich und das würde verlautbart werden.

    Bei allen älteren Personen wäre "Jod in einer solchen Menge jedoch sogar schädlich und kann zu sehr starken Störungen des gesamten Stoffwechsels führen."

    Privater Vorrat zur psychischen Beruhigung

    Summa summarum schließt die Apothekerin: "Wenn man Kinder hat, würde ich eine Packung holen. Das sehe ich aber eher als psychologische Unterstützung. Sachlich notwendig ist es wahrscheinlich nicht." Sie vergleicht den Panikkauf der Jodtabletten "ein wenig mit dem Klopapier-Hamsterkauf". 

    Außerdem würde mit einer 10-Stück-Packung an Kalium-Jodid-Tabletten eine Familie mit drei Kindern und einer Schwangeren auskommen, da die Einnahme nur einmalig erfolge.