Das neue Klimaziel der EU stößt auf massive Kritik – aus unterschiedlichen Lagern. Der CO2-Ausstoß soll innerhalb von 15 Jahren um 90 Prozent (gegenüber 1990) sinken, so der Vorschlag aus Brüssel. Doch Grün-Politiker warnen: Die Vorlage lasse zu viele "Schlupflöcher", die das Ziel verwässern.
Denn: Ab 2036 sollen bis zu drei Prozent der Emissionen durch einen internationalen Zertifikatehandel ausgeglichen werden können. Zudem wurde von der EU mehr "Flexibilität "versprochen.
Auch aus der entgegengesetzten Richtung kommt Kritik: Die Industriellenvereinigung sieht im 90-Prozent-Ziel bis 2040 "eine realitätsferne Maßnahme, die den Wirtschaftsstandort Europa und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe weiter unter Druck setzt", heißt es.
Das Klimaziel bis 2040 soll grundsätzlich als Etappenziel auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität der EU bis 2050 dienen. Bis zur nächsten Weltklimakonferenz COP30 im November 2025 in Brasilien müsse die EU ein verbindliches Ziel vorlegen – andernfalls drohe ein Verlust der Glaubwürdigkeit.
"Wir bleiben auf unserem Kurs der Dekarbonisierung. Wir sind ehrgeizig. Wir sind pragmatisch. Wir sind flexibel", so EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra bei der Präsentation des neuen Klimaziels.
Für die neue Chefin der Grünen, Leonore Gewessler, geht es dabei um weit mehr als Prozentzahlen: "Es ist kein gutes Zeichen, dass die Kommission bei diesem Mindestziel jetzt auch noch Schlupflöcher vorschlägt." Ein glaubwürdiges Klimagesetz sei entscheidend, damit Europa bei der Klimakonferenz in Brasilien nicht seine "Vorreiterrolle" verliere.
Auch EU-Abgeordnete Lena Schilling, die das Klimaziel 2040 für die Grünen/EFA-Fraktion im Parlament verhandelt, hält das 90-Prozent-Ziel für das absolute Minimum. Auch sie kritisiert vor allem die geplante Möglichkeit, Emissionen außerhalb der EU zu kompensieren.
"Diese angeblichen CO2-Gutschriften sind keine Lösung, sie sind ein Etikettenschwindel mit Ansage. Wer Klimaschutz outsourct, outsourct auch Jobs, Innovation und unsere Zukunft." Die Klimakrise sei "keine abstrakte Zukunftsgefahr, wir können sie heute schon spüren".
Die Festlegung des EU-Klimaziels bis 2040 ist ein zentrales Puzzleteil im europäischen Green Deal. Es entscheidet nicht nur über die Richtung der Energie-, Industrie- und Agrarpolitik – sondern auch darüber, ob Europa das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen kann.
Gewessler forderte die österreichische Bundesregierung erneut auf, sich bei den EU-Verhandlungen für ein ambitioniertes Klimagesetz einzusetzen. "Einige Mitgliedstaaten bremsen. Allen voran Frankreich, das nun zum Zünglein an der Waage wird. Ich erwarte mir, dass Österreich sich nicht einreiht bei den Blockierern", so die Grünen-Chefin.