Wirtschaft

Ex-Minister Blümel: Familieneinkauf ein "Schreckmoment"

Ex-Finanzminister Gernot Blümel zeigt sich zutiefst besorgt über die aktuellen Probleme des Mittelstands. Dazu zählt er auch die Kulturdebatte.

Leo Stempfl
Superfund-CEO Gernot Blümel schrieb einen Gastbeitrag in der "NZZ".
Superfund-CEO Gernot Blümel schrieb einen Gastbeitrag in der "NZZ".
Helmut Graf

Nach knappen zwei Jahren als Finanzminister der Republik Österreich tat es Gernot Blümel Sebastian Kurz Ende des Vorjahres gleich und trat ebenfalls zurück, um mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Nur wenige Monate später hatte er als CEO der Superfund-Gruppe eine neue Aufgabe gefunden. Seitdem wurde es wieder ruhig um den ehemaligen Spitzenpolitiker, doch unlängst veröffentlichte er einen langen Gastkommentar in der "Neuen Zürcher Zeitung".

Schreckmoment an der Tankstelle

Darin macht sich der studierte Philosoph ernsthafte Sorgen um die Mitte der Gesellschaft. Grund dafür seien die zahlreichen Krisen, mit denen die Welt in den letzten 15 Jahren zu kämpfen hatte. Jede Zeit habe dabei mit einer großen sozialen Frage zu kämpfen. "16-Stunden-Arbeitstage, Kinderarbeit, fehlende Sozialversicherung und so weiter gehören – Gott sei Dank – der Vergangenheit an."

Die soziale Frage unserer Zeit sei die Zukunft des Mittelstands – "sowohl finanziell als auch kulturell". Finanziell sei zweifelsohne die größte Gefahr die Inflation. "Die Fahrt zur Tankstelle – egal, ob für Strom oder fossile Energieträger – wie auch der Familieneinkauf im Supermarkt werden zu eigentlichen Schreckmomenten." Selbst Stefan Zweig habe schon festgestellt, nichts habe die Bevölkerung "so erbittert, so hasswütig, so hitlerreif gemacht wie die Inflation".

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    Gernot Blümel (* 24. Oktober 1981 in Wien) war ein österreichischer Politiker (ÖVP).
    Gernot Blümel (* 24. Oktober 1981 in Wien) war ein österreichischer Politiker (ÖVP).
    PictureDesk

    "Meinungselite"

    Blümel beklagt zudem eine Abwesenheit der bürgerlichen Kulturdebatte. "Ich meine damit eine Debatte über das Gefühl der breiten Mitte, im gesellschaftspolitischen Diskurs unserer Zeit gar nicht mehr vorzukommen. Ich meine damit das Bedürfnis nach auch medial diskursiver Anerkennung der schweigenden Mehrheit, die als 'normal' gilt und die das Gefühl hat, dass sie genau durch ihre Zugehörigkeit zur Mehrheitsbevölkerung die ihnen zustehende Anerkennung in der veröffentlichten Meinung nicht erhält", schreibt der Ex-Minister in der "NZZ".

    Er beobachtet ein Auseinanderdriften "zwischen dem, was die Mehrheit der Gesellschaft in unserem Land bewegt, und dem, was eine kleine Meinungselite meint, was die Menschen bewegen sollte. Schlimmer noch: Die Mehrheit findet sich in diesen Debatten nicht nur nicht wieder, es wird ihr sogar das Gefühl vermittelt, dass, wer nicht die Meinung der lauten Minderheit teilt, ein schlechter Mensch ist. Es wird eine Art 'moralische Erbsünde' der Mehrheit suggeriert." Das Schlagwort "Winnetou" darf in diesem Zusammenhang natürlich nicht fehlen.