Amir (Name geändert) flüchtete im Alter von 16 Jahren mit seinen Eltern nach Österreich. Für den Jugendlichen war klar: Er möchte eine technische Ausbildung absolvieren – daher besuchte er eine Wiener HTL. Doch Sprachdefizite, die er erst im Laufe der Zeit beheben konnte, machten ihm einen Strich durch die Rechnung.
Er konnte daher die HTL – gefördert vom AMS – nicht mit einer vollen Matura abschließen (er absolvierte nur Teile davon), sondern ergriff aufgrund seines fortgeschrittenen Alters die Möglichkeit einer Qualifikationsprüfung (keine Ausbildung auf Maturaniveau) für seine technische Ausbildung.
Nach der Prüfung entschied sich der im Juni 2001 geborene Amir für eine Ausbildung an einer privaten Fachhochschule. Mit der Teil-Matura und der Qualifikationsprüfung erhielt er dort auch die Zulassung. Mit 1. September 2023 – also im Alter von 22 Jahren – begann er sein Studium. Währenddessen wohnte er weiterhin bei seinen Eltern in Wien, hatte kein Einkommen und bezog nach wie vor Mindestsicherung.
Als die MA 40 (Soziales) davon Wind bekam, wurde Amir die Mindestsicherung – also die Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs – per Bescheid vom 6. November 2023 rückwirkend ab 1. September gestrichen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Wiener die Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr erfülle. Denn mit einer "Schulausbildung auf Maturaniveau" (die durch die Aufnahme an der FH bestätigt ist) sei er durchaus erwerbsfähig.
Amir klagte – und das Verwaltungsgericht gab ihm recht, wie die "Presse" berichtet: Er habe weder eine Schulbildung auf Maturaniveau noch eine sonstige Ausbildung zu Erwerbszwecken. Durch die Ausbildung an der FH erscheine eine Eingliederung in das Erwerbsleben erleichtert und gesichert. Er müsse nur die Zielstrebigkeit seiner Ausbildung "regelmäßig durch Vorlage entsprechender Unterlagen" nachweisen.
Doch die Stadt Wien legte Beschwerde gegen das Urteil ein – und dieser wurde vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) stattgegeben. Es sei nicht die Aufgabe der Mindestsicherung, einer volljährigen Person, die bereits über eine abgeschlossene Schul- bzw. Berufsausbildung verfüge, durch Gewährung von Leistungen eine weitere (höhere) Ausbildung zu ermöglichen.
Zudem seien arbeitsfähige Mindestsicherungs-Bezieher verpflichtet, ihre Arbeitskraft einzusetzen, bis Lebensunterhalt und Wohnbedarf aus eigenen Mitteln gedeckt sind. Dazu gehöre auch, sich bei den regionalen Geschäftsstellen des AMS zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Ausgenommen davon sind nur Bezieher, die bereits vor ihrem 18. Geburtstag eine Erwerbs- oder Schulausbildung begonnen haben – Amir war aber bereits 22 Jahre alt. Die Zahlung der Mindestsicherung wurde daher zu Recht eingestellt.