Frankreichs neue Regierung steht nur wenige Stunden nach ihrer Ernennung schon vor zwei Misstrauensanträgen. Sowohl die Rechts- als auch die Linkspopulisten haben am Montag jeweils einen Antrag eingebracht. Die Nationalversammlung wird frühestens am Mittwoch darüber abstimmen. Sollten die Sozialisten die Anträge unterstützen, könnte das zum Sturz der neuen Regierung führen.
Die sozialistische Partei nutzt ihre Rolle als Zünglein an der Waage, um Zugeständnisse von der Regierung zu verlangen – besonders das Aussetzen der seit 2023 geltenden Pensionsreform.
Der sozialistische Parteichef Olivier Faure stellte in Aussicht, die Misstrauensanträge der anderen Parteien nicht zu unterstützen, falls sich die neue Regierung zur Aussetzung der Reform bereit erklärt.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron appellierte inzwischen an alle Parteien zu "gegenseitigem Respekt". "Die Franzosen erwarten Ruhe und Würde", sagte er am Montag nach seiner Ankunft in Ägypten, wo er am Nahost-Gipfel mit US-Präsident Donald Trump und anderen Staats- und Regierungschefs teilnehmen wollte.
Der zurückgetretene und wieder ernannte Premierminister Sébastien Lecornu war um 14.30 Uhr erstmals mit der am Sonntagabend ernannten Regierungsmannschaft zusammengetroffen. Die Übergabe der Amtsgeschäfte der einzelnen Minister war bis dahin abgeschlossen. Anders als sonst üblich, entschied sich der Premier für eine diskrete Übergabe ohne Medien. Die Minister müssen nicht vereidigt werden, entscheidend ist die Ernennung durch den Präsidenten.
Die neue Regierung besteht aus 34 Mitgliedern, etwa zur Hälfte aus ehemaligen Ministern und zur Hälfte aus weniger bekannten Persönlichkeiten ohne Regierungserfahrung. Von den 18 zuletzt ernannten Ministern haben zwölf ihren Posten behalten. Dazu zählen Außenminister Jean-Noël Barrot, Wirtschafts- und Finanzminister Roland Lescure, Kulturministerin Rachida Dati und Justizminister Gerald Darmanin.
Die 65-jährige bisherige Arbeits- und Gesundheitsministerin Catherine Vautrin übernimmt das Verteidigungsministerium von Lecornu. Präsident Macron hatte Lecornu am Freitagabend trotz seines Rücktritts erneut ernannt und mit der Regierungsbildung beauftragt. Neuer Innenminister ist der Pariser Polizeipräfekt Laurent Nuñez. Er löst den bisherigen konservativen Innenminister Bruno Retailleau ab.
Die konservative Partei der Republikaner, die eine Regierungsbeteiligung offiziell ausgeschlossen hatte, kündigte an, die sechs Politiker aus der Partei auszuschließen, die trotzdem ein Regierungsamt angenommen haben. Dazu zählt Kulturministerin Dati, die von den Republikanern bereits zur Kandidatin für die Gemeinderatswahl in Paris erklärt worden war.
Das Kabinett soll am Dienstag um 10 Uhr erstmals zusammentreten – nach der Rückkehr von Macron und Barrot aus Ägypten. Die neue Regierung dürfte dann den Haushaltsentwurf vorstellen, den die Nationalversammlung bis zum Jahresende beschließen soll. Die Frist läuft zu Beginn der Woche ab, weil die Nationalversammlung laut Verfassung 70 Tage Zeit für die Debatte hat.
Es wird erwartet, dass Lecornu die Eckpunkte des Haushalts und mögliche Zugeständnisse an die Sozialisten in seiner Regierungserklärung am Dienstagnachmittag präsentiert.