Harte Kritik

"Fünf Jahre verpasst" – Ex-Kanzler gegen Austria-Bosse

Die Wiener Austria taumelt durch die Saison. Am Verteilerkreis brodelt es. Mit Christian Kern übte nun ein Ex-Kanzler und prominentes Veilchen Kritik.
Sport Heute
04.09.2025, 07:04
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Das Aufatmen am Sonntag war riesengroß. Mit einem 1:0-Heimerfolg gegen Altach feierten die Veilchen erst in der fünften Runde und rechtzeitig vor der Länderspielpause den ersten Bundesliga-Sieg, wendeten damit einen katastrophalen Saisonstart ab. Nachdem die Wiener zuvor bereits in der ersten Runde des ÖFB-Cups gegen Regionalligist Voitsberg und in der Conference-League-Qualifikation gegen Banik Ostrava aus Tschechien ausschieden, Trainer Stephan Helm mehr als nur wackelte.

Nun scheint der Coach vorerst seinen Job gerettet zu haben. Stattdessen nahm Sportvorstand Jürgen Werner, zuletzt mehrmals von den Fans mit Sprechchören und Bannern angefeindet, seinen Hut, um Druck von der Mannschaft zu nehmen, wie er erklärte. Das große Köpferollen scheint vorerst abgewendet zu sein. Helm und Sportdirektor Manuel Ortlechner scheinen vorerst im Amt zu bleiben.

"Tacheles reden"

"Wir sind alle heilfroh, dass es letzte Woche gegen Altach gut gegangen ist. Das war auch notwendig", atmete auch der ehemalige österreichische Bundeskanzler Christian Kern, selbst bekennender Austria-Fan und Klub-Mitglied, im Podcast "Man kennt sich, man schätzt sich" tief durch. "In der Substanz ist viel da, auf dem man aufbauen kann. Aber wenn man die Ziele nicht erreicht hat, muss man sich hinsetzen und reflektieren, nicht bloß die Sonntagsreden halten", meinte der gebürtige Simmeringer weiter.

Und forderte auch ein Aufarbeiten der aktuellen Situation: "Ich würde mir wünschen, dass man bei der Austria Tacheles redet, schaut, was gut gelaufen ist und was nicht. Und sich nicht in falschen Hoffnungen wiegt", so der ehemalige Politiker, der schon seit frühester Kindheit ein bekennendes Veilchen, aktuell Abonnent auf der Nordtribüne ist. "Wenn ich mir die Analysen anhöre, die auch nach außen getragen werden... Im Management würdest du damit nicht durchkommen", ergänzte Kern. Und präzisierte: "Am Ende ist es schon so: Der, der die Verantwortung hat, der die Macht hat, Dinge zu ordnen, der hat auch die Verantwortung, seinen Kopf hinzuhalten. Bei Schönwetter kann jeder erfolgreicher Manager sein."

Kritik an Transferbilanz

Zuletzt brodelte es auch vereinsintern immer wieder. Auf der einen Seite steht der nun zurückgetretene Sportvorstand Werner, der weiterhin Investor ist, auf der anderen Seite stehen Klub-Präsident Kurt Gollowitzer und andere "Gönner" des Bundesliga-Klubs. Die Austria soll Interesse daran haben, Werners Anteile zurückzukaufen. Andererseits ist das Geld dafür nicht da. "Diese Grüppchenbildung ist zweifellos nicht gut", meinte Kern.

Gleichzeitig ging der 59-Jährige, der auch Austria-Kuratoriumsmitglied ist, vor allem mit der sportlichen Führung des Klubs hart ins Gericht. "Für jeden Austria-Fan ist es bitter, wenn man sich die Transferbilanz der letzten Jahre anschaut. Die Salzburger haben es phänomenal gemacht. Rapid hat es exzellent gemacht. Auch Sturm, Wolfsberg, die haben uns krass überholt", betonte Österreichs Ex-Kanzler.

"Fünf Jahre verpasst"

"Wenn man sich dann anschaut, wie viele Spieler man aus dem eigenen Nachwuchs entwickeln konnte, dann sieht man, dass es da ein Missverhältnis gibt", meinte Kern. Die Austria habe durchaus "gewaltige Nachwuchskicker", es sei aber in den letzten Jahren "nicht gelungen, das in wirtschaftlichen Erfolg umzumünzen, dass man die korrekt verkauft", meinte der 59-Jährige. Und brachte Dominik Fitz als Beispiel. Der sei gerade letzte Saison einer der "Top-Drei-Spieler der Liga" gewesen, brachte jetzt gerade einmal zwei Millionen Euro ein. "Dann muss man sich auch einmal den Kopf darüber zerbrechen, warum dieses wirtschaftliche Potenzial nicht genutzt werden konnte", fällte Kern auch ein hartes Urteil über die sportliche Führung des Vereins.

"Die Bilanz ist wirklich ernüchternd. Man hat wahrscheinlich in den letzten fünf Jahren verpasst, dieses Thema kontinuierlich zu entwickeln, wie man die Youngsters dazu bringt, dass dann auch die Kassa klingelt", schloss Kern.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 04.09.2025, 13:14, 04.09.2025, 07:04
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