"Konkret gefährliches Handeln"

Für Facebook-Like droht Steirer Strafe von 695 Euro

Ein Steirer (50) liked einen Facebook-Kommentar – zwei Jahre später erhält er Post von einer Anwalts-Kanzlei. Mit saftiger Zahlungsaufforderung.
Christoph Weichsler
24.07.2025, 06:30
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Ein einziger Klick – und zwei Jahre später fordert eine Anwaltskanzlei fast 700 Euro. Was Karl R. (Name geändert), 50 Jahre alt, aus der Steiermark erlebt, klingt unglaublich, ist aber real: Für ein Facebook-Like aus dem Jahr 2023 soll er jetzt 695,65 Euro zahlen.

"Ich habe damals einen Kommentar geliked, in dem jemand eine Parkplatzfirma als 'Abzocker und Unsympathler' bezeichnet hat", erzählt er. Kein eigener Beitrag, keine Beleidigung – nur ein Like. Doch nun erhielt er ein sechsseitiges Schreiben einer Kanzlei, das ihm eine Unterlassung und Zahlung abverlangt.

Kanzlei: Like ist "konkret gefährliches Handeln"

Das Schreiben stammt von einer Anwaltskanzlei, die im Auftrag eines Wiener Unternehmens für Parkraumbewirtschaftung und Besitzstörungsverfahren handelt. Darin wird dem Steirer vorgeworfen, er habe durch sein Facebook-Like eine beleidigende Aussage öffentlich verbreitet und unterstützt.

Im Schreiben heißt es konkret:

„Ein Like ist ein konkret gefährliches Handeln. Der Beklagte macht sich den Inhalt zu eigen. Das Like kann der Funke für einen Shitstorm sein.“
Anwaltskanzleiin Auftrag einer Kärntner Parkplatzfirma

Die Kosten von 695,65 Euro setzen sich aus Anwalts- und Verfahrensgebühren zusammen. Zusätzlich wird gefordert, dass der Steirer den Kommentar weder teilt, liked noch sich öffentlich dazu bekennt. Eine Unterlassungserklärung ist beigelegt – mit 14 Tagen Frist.

Abzock-Modell mit System?

Für Karl R. ist das kein Einzelfall. "Zuerst war es Besitzstörung beim Parken, jetzt sind es Likes. Für manche wird das zum Geschäftsmodell", sagt er. Tatsächlich sorgt die Firma seit Jahren immer wieder für Aufsehen – etwa mit Besitzstörungsklagen gegen Autofahrer. Jetzt scheint die Jagd auf Social-Media-Likes zu beginnen.

"Ich finde das brandgefährlich. Wer weiß, was ich sonst noch irgendwann mal geliked habe?", fragt er. Sein Anwalt rät zum Einspruch – doch garantieren kann er nichts. In einem ähnlichen Fall gegen einen Polizisten sei die Klage zwar eingestellt worden, "aber verlassen kann man sich darauf nicht."

Was sagt das Gesetz?

Laut §1330 ABGB sind ehrenrührige und kreditschädigende Aussagen klagbar – auch dann, wenn sie nur geliked werden. Die Klägerseite argumentiert, der Begriff "Abzocker" sei eine Tatsachenbehauptung, die den geschäftlichen Ruf beschädige. Das Like mache die Aussage "sichtbarer" – und damit juristisch relevant.

Für viele Betroffene ist das juristisches Neuland. Vor allem, weil die Betroffenen oft nicht schreiben, sondern nur reagieren. Und viele, so die Sorge, zahlen lieber schnell, bevor es zu einem Verfahren kommt.

Steirer will sich wehren

Karl R. will genau das nicht. "Ich werde fristgerecht Einspruch einlegen", sagt er. Er sieht seinen Fall als Warnung für alle: "Was harmlos aussieht, kann plötzlich teuer werden." Denn dass Likes immer öfter ins Visier geraten, ist für ihn nur eine Frage der Zeit.

{title && {title} } CW, {title && {title} } Akt. 05.08.2025, 21:28, 24.07.2025, 06:30
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