Seit Mittwoch sind im Schweizer Kanton Neuenburg sechs Hunde nach einem Bad im Neuenburgersee an einer Vergiftung gestorben. Der Grund könnte ein massenhaftes Auftreten von Cyanobakterien – im Volksmund Blaualgen genannt – sein. Sie produzierten ein starkes Gift, das auch für Menschen tödlich sein könne, erklärt Wasserforscher Thomas Posch von der Universität Zürich im Interview:
Thomas Posch: Das sind sogenannte Cyanobakterien. Sie nutzen das Sonnenlicht, um Energie zu gewinnen. Fast alle Cyanobakterien produzieren Giftstoffe, damit beispielsweise Kleinkrebse sie nicht fressen.
Das Gift der Cyanobakterien wirkt genauso auf Tiere wie auf Menschen. Es ist mindestens so effektiv wie Schlangengift. Bereits sehr geringe Mengen reichen, um einen Menschen zu vergiften. Es ist deshalb gefährlich, Wasser mit Cyanobakterien zu trinken – um sich tödlich zu vergiften, braucht es aber einige Liter. Das Gift kann auch durch die Haut aufgenommen werden und in geringen Konzentrationen zu Hautreizungen führen.
In China gab es schon Hunderte Todesfälle, weil Trinkwasser aus einem See mit vielen Cyanobakterien entnommen und nicht aufbereitet wurde. In den Alpen sterben fast jeden Sommer Kühe, weil sie aus Bergtümpeln mit vielen Cyanobakterien trinken – und es braucht einiges, um eine Kuh zu töten.
Das Gift geht meistens sofort auf die Leber und schädigt sie bereits bei geringer Konzentration. Bei hoher Konzentration wirkt es wie ein Nervengift. Bereits innerhalb weniger Stunden kann es einen Menschen vergiften. Die Menge, die man dafür braucht, ist mit dem Gift einer Cobra vergleichbar. Ein Langzeiteffekt des Gifts ist, dass es das Risiko von Leberkrebs stark erhöht: Cyanobakterien produzieren sehr effiziente Giftstoffe.
Das müssen die Wasserwerte zeigen. Ich kenne die Situation im Neuenburgersee nicht. Aber die Wärme allein kann ein solches Wachstum nicht erklären. Die Bakterien können zwar innerhalb weniger Tage sehr schnell wachsen, doch dafür brauchen sie Nährstoffe. Jetzt muss geklärt werden, woher diese kommen. Möglich wäre, dass eine Kläranlage aussetzte oder es zu einem Rohrbruch kam und Abwasser unbehandelt in den See gelangte.
Cyanobakterien sind natürlicherweise und immer in jedem See zu finden. Von starkem Wachstum sind aber oft die kleineren Seen betroffen, die eine hohe Nährstoffkonzentration haben. Der Neuenburgersee hingegen ist eigentlich als klar und sauber bekannt.
Ja, das kann man problemlos. Die zuständigen Ämter kontrollieren die Badegewässer regelmäßig. Es besteht keine Gefahr, solange Cyanobakterien im See nicht in solchen Mengen vorhanden sind, dass man sie im Wasser sieht. Ist ein See rot oder grün verfärbt, sollte man allerdings nicht darin schwimmen. Das sieht dann aber auch nicht mehr attraktiv aus.
Indem man, wenn ein Badeverbot gilt, nicht schwimmen geht. Zudem sollte man kein Wasser direkt aus dem See trinken. Ist ein normalerweise klares und sauberes Gewässer plötzlich farbig, sollte man stutzig werden.
Falls tatsächlich Nährstoffe in den See gelangt sind, bleiben die Cyanobakterien bei schönem Wetter über mehrere Wochen. Kommt hingegen eine längere Phase mit trübem Wetter und wenig Sonnenschein, sterben die Bakterien schneller ab. Die Giftstoffe bleiben dann nicht im See, sondern werden von anderen Bakterien abgebaut.
Nein, das kann man nicht reinigen. Es bleibt nur, zu warten, bis sich das von selber reguliert.
Nein, überhaupt nicht. Das Gift der Cyanobakterien wird bei der Trinkwasseraufbereitung im Wasserwerk in Sekundenbruchteilen mit Ozon zerstört.