Schon bevor Anton Baotic vom Institut für Schallforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und seine Kollegin Georgine Szipl ihre Untersuchungen starteten, war klar: Die Partnerschaft zwischen Giraffen und gewissen Vögeln ist eine klassische Symbiose. Beide Seiten profitieren davon.
Die Vögel – wie der Rotschnabel-Madenhacker – picken Parasiten von den Giraffen, und im Gegenzug warnen sie vor Gefahren. Doch wie genau lernen Giraffen, die Warnrufe der Vögel für sich zu nutzen? Genau das wollten die beiden Forscher herausfinden.
Baotic und Szipl haben dazu Tonaufnahmen von Singvögeln in verschiedenen Gebieten Südafrikas abgespielt. Interessant: Giraffen, die in Gegenden ohne Löwen leben, reagieren anders auf die Warnrufe als ihre Artgenossen, die ständig mit den Raubkatzen zu tun haben.
Hören Giraffen aus Löwen-freien Zonen den Warnschrei des Rotschnabel-Madenhackers, bleiben sie nur kurz in Alarmbereitschaft. Tiere aus Gebieten, wo Löwen patrouillieren, sind deutlich länger wachsam. Bemerkenswert ist auch, dass in einem dieser Löwengebiete die Raubkatzen erst etwa fünf Jahre vor der Studie wieder heimisch wurden – ein klarer Hinweis darauf, dass die Giraffen dieses Verhalten erst mit der Zeit gelernt haben.
Ein ähnliches Bild zeigte sich, als die Forschenden den Giraffen direkt Löwengebrüll vorspielten: Wer die Gefahr aus dem eigenen Umfeld kannte, blieb länger im Alarmzustand. Baotic erklärt dazu: "Das unterstreicht, dass Giraffen nicht nur über eine angeborene Sensibilität für gefährlich klingende Laute verfügen, sondern dass Erfahrung ihr Verhalten zusätzlich verstärkt." Das ist vor allem dann wichtig, wenn man Giraffen aus Gebieten ohne Löwen in Regionen mit den Raubkatzen umsiedelt. Diese Tiere sind dann leichter angreifbar, weil sie nicht gelernt haben, auf die Warnrufe der Vögel mit längerer Wachsamkeit zu reagieren.