Es war wohl als Scherz gemeint – doch der "blöde Gag", wie sie selbst sagt, wurde zum Fall für die Justiz. Susanne R. (60), Wirtin eines kleinen Lokals in Wien-Floridsdorf, hängte einen Zettel im Schankraum aus: Wer bei der Wien-Wahl 2025 ein Foto mit dem Kreuzerl für die FPÖ zeigt, bekommt fünf Gratis-Getränke.
Sie postete das Ganze selbst auf Facebook – samt Kommentar: "Denkts dran, es geht um Wien und um unser Floridsdorf." Kurz darauf landete sie wegen Wahlbestechung am 25. Juni auf der Anklagebank am Wiener Landesgericht.
Was für Susanne R. bloß als Schmäh gemeint war – wie sie erzählt – wurde von der Staatsanwaltschaft Wien bierernst genommen. Maximale Strafandrohung: bis zu ein Jahr Haft oder 720 Tagessätze Geldstrafe.
"So einen Prozess hat es in Österreich noch nie gegeben", sagte ihr Verteidiger Wolf-Georg Schärf im Vorfeld. Selbst unter Richtern habe es Verwirrung gegeben, wie ein solches Verfahren praktisch abläuft.
Susanne R. ließ im Gerichtssaal nichts offen. "Ja, das war i. Ich hab das gmocht", sagte sie frei heraus – ganz ohne Ausreden. Sie sei langjährige FPÖ-Anhängerin, das Lokal sei klein, höchstens 15 Leute hätten dort Platz. Zur Wahl kamen fünf, sechs Stammgäste. "Die haben zwei, drei Bier getrunken, dann sind’s eh wieder gegangen", schilderte sie. Niemand habe seinen Stimmzettel gezeigt – sie habe das eher als Gag gemeint.
Doch sie zeigte Reue. "Es war ein großer Fehler. Ich hab mir nix dabei gedacht." Und: "Kommt sicher nie wieder vor. Finger weg!" Ihr Auftreten im Gericht: freundlich, zurückhaltend, bodenständig. Der Richter lobte sie explizit für ihre Offenheit und den respektvollen Ton. "Wenn mir 1.000 Euro bleiben, gfrei i mi", sagte sie in einer der vielen Szenen, bei der sogar im Saal kurz geschmunzelt wurde.
Doch trotz des lockeren Tons machte der Richter klar: Juristisch ist die Sache heikel. Denn: Schon das bloße Anbieten eines Vorteils reicht, um den Tatbestand der Wahlbestechung zu erfüllen. "Auch wenn es keiner eingelöst hat – das Signal reicht", erklärte der Richter.
Urteil gab es keines, man einigte sich auf eine Diversion. Das Verfahren wird für zwei Jahre auf Probe eingestellt. Einzige Bedingung: Susanne R. darf sich in dieser Zeit nichts zuschulden kommen lassen.
Für die Wirtin bedeutet das: Kein Eintrag ins Strafregister, keine Geld- oder Freiheitsstrafe – nur 150 Euro Pauschalkosten. Ihr Anwalt Schärf zeigte sich erleichtert: "Es ging nie um echte Bestechung. Es war ein Stammtisch-Post, der aus dem Ruder lief." Auch die Staatsanwältin erkannte an, dass die Grenzen zwischen Wirtshaushumor und Justizparagraf hier besonders eng waren.
Susanne R. verließ den Gerichtssaal mit einem gemischten Gefühl – ein bisschen Erleichterung, aber auch Verwunderung, wie ernst das Ganze genommen wurde. Denn was für sie als spontane "Wahl-Gaudi" gedacht war, hatte ihr plötzlich einen der seltensten Strafparagrafen Österreichs eingebracht.