Der von der ÖVP beworbene "Nationalpark Kampwald" sorgt für Kritik bei den niederösterreichischen Grünen. Klubobfrau Helga Krismer und die aus dem Waldviertel stammende Landtagsabgeordnete Silvia Moser sehen das Projekt als fragwürdigen Versuch, finanzielle Mittel für geschädigte Forstflächen der Landesstiftung zu lukrieren – anstatt echten Naturschutz zu betreiben.
"Revitalisierung von kaputten Fichtenwäldern darf kein Öko-Etikettenschwindel sein", warnt Krismer. Sie verweist auf jahrelanges forstwirtschaftliches Missmanagement der Windhag’schen Stipendienstiftung (Eigentümerin des Areals, Anm.), welches jetzt mit einem Nationalpark überdeckt werden solle: "Bauernschläue ist in Zeiten des Klimawandels und des Artensterbens zu wenig: Wenn ein Nationalpark Kampwald entstehen soll, dann ein richtiger – mit hohem Wert für die Natur und mit regionaler Wertschöpfung für die Menschen", so die Klubobfrau.
Besonders kritisch sehen die Grünen, dass bisher offenbar nur die Flächen der Stiftung im Fokus stehen. Silvia Moser fordert, auch ökologisch wertvolle Gebiete wie das mittlere Kamptal miteinzubeziehen: "Diese Region ist ein Naturjuwel, das es zu erhalten gilt. Es braucht Transparenz und Kommunikation mit allen Beteiligten – über die Interessen der Stiftung hinaus."
"Heute" wollte von der ÖVP in Niederösterreich wissen, wie sie sich zu den aktuellen Vorwürfen der Grünen positioniert. Aus dem Büro von LHStv Pernkopf heißt es: "Die Grünen sind auch nicht mehr das was sie einmal waren! Jetzt demonstrieren sie schon gegen einen neuen Nationalpark." Ursprünglich habe die Grüne Parteichefin Leonore Gewessler als Ministerin das Naturschutz-Projekt gefördert und mit 7 Mio. Euro aus dem Biodiversitätsfonds unterstützt.
Für die ÖVP gehe es "jetzt einmal um den Schutz des Dobratals als besonderes Naturjuwel, weitere Schritte am Weg zum Nationalpark Kampwald werden folgen – um die Natur zu schützen, aber vor allem auch, um die Region zu unterstützen und Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu schaffen."
Die Kritik, dass nur die Windhag’schen Stipendienstiftung profitiere, weist die ÖVP zurück: "Ohnehin laufen gute Abstimmungen mit Fachleuten, Experten, Grundeigentümern und Naturschutzorganisationen. Auch was die Renaturierung von Käferflächen, die Integration von möglichen weiteren wertvollen Naturjuwelen im Kamptal und die Kooperation mit dem Truppenübungsplatz Allentsteig betrifft."
Zuerst brauche es aber einen Anfang, und da seien die 4.000 Hektar, in unmittelbarer Nähe zum Truppenübungsplatz, ein österreichweit einzigartiges Alleinstellungsmerkmal. Hier seien sich auch alle Experten einig.
Die Grünen sehen das anders: Um welche Experten es sich handelt, wisse man nicht. Auch richtet sich die Kritik nicht gegen die Schaffung von Österreichs siebten Nationalpark. Moser sieht im Projekt eine große Chance für das Waldviertel – mit folgendem Vorbehalt: "Ein echter Nationalpark könnte Arbeitsplätze schaffen und internationale Anerkennung bringen. Aber er darf nicht bloß das Finanzierungsmodell für einen kaputten Forst sein."
Die Grünen fordern jetzt von der Landesregierung, von Beginn an offen zu informieren, die Bevölkerung einzubinden – und den "Nationalpark Kampwald" zu einem echten Schutzgebiet mit Zukunft zu machen.