Der Wiener Gürtel kommt nie zur Ruhe. Schon früh am Morgen schiebt sich eine endlose Kolonne aus Autos, Bussen und Motorrädern durch die Straße. Der Lärm hört den ganzen Tag nicht auf. Doch wer glaubt, dass es abends leiser wird, irrt. Dann drehen viele erst richtig auf: getunte Autos beschleunigen, Motoren heulen auf, Fehlzündungen krachen durch die engen Häuserschluchten.
Chemie-Studentin Valentina (23) wohnt seit zwei Jahren direkt am Währinger Gürtel. Davor lebte sie im 5. Bezirk. "Ich wusste nicht, wie laut es hier wirklich ist, bis ich eingezogen bin", sagt sie. Selbst bei geschlossenen Fenstern ist an Schlaf kaum zu denken. "Entweder ist es brütend heiß – oder der Verkehr hält mich wach. Ohne Ohropax geht gar nichts mehr."
Denn nachts wird der Gürtel zur Rennstrecke. Immer wieder kommt es zu illegalen Autorennen oder sogenannten "Hatzerln", bei denen getunte Fahrzeuge mit aufheulenden Motoren durch die Stadt jagen. Besonders an Wochenenden ist das für Anrainer kaum auszuhalten – laute Fehlzündungen lassen viele aus dem Schlaf schrecken. Valentina hat schon mehrere Unfälle beobachtet: "Die fahren, als gäbe es keine Regeln – und irgendwann kracht es zwangsläufig."
Das Fenster bleibt fast immer zu. "Wenn ich es öffne, kann ich kein Auge zudrücken. Und wenn's zu bleibt, wird's insbesondere im Sommer heiß und stickig", erzählt Valentina. Der Feinstaub legt sich auf Fensterrahmen und Möbel, frische Luft gibt es kaum. "Man sieht richtig, wie schmutzig die Luft hier ist."
Auch ihre Katze Frau Schrödinger hat sich verändert. In der alten Wohnung saß sie stundenlang am Fensterbrett, jetzt meidet sie es. "Die Geräusche sind ihr zu laut." Für Valentina ist das Alltag: Dauerlärm, schlechter Schlaf, keine Ruhe – selbst am Wochenende nicht.
Wer am Gürtel wohnt, lebt mitten im Verkehr. Zwischen mehrspurigen Straßen, Lokalen, Öffis und ständigem Durchzugsverkehr bleibt kaum Platz zum Durchatmen. Nachts kommen Stimmen, Musik, Sirenen dazu – eine Geräuschkulisse, die selten abreißt.
Viele Anrainer berichten zusätzlich von Spannungen rund um die bekannten Drogenspots entlang des Gürtels. Sie sorgen immer wieder für unruhige Szenen, Polizeieinsätze und ein dauerhaft angespanntes Klima.
Am 19. Oktober wurde der Gürtel zwischen Säulengasse und Sobieskigasse für den ersten "Lärmschutzlauf" gesperrt. Mehrere Anrainer forderten Tempo 30 auf der gesamten Strecke – weniger Lärm, weniger Stress, bessere Luft. Laut Berechnungen würde das bis zu acht Dezibel weniger bedeuten, also rund 75 Prozent weniger wahrgenommenen Lärm.
"Tempo 30 würde so viel bringen – weniger Krach, bessere Luft, endlich wieder Ruhe", sagt Valentina. Doch solange die Autos weiter rasen, bleibt der Gürtel, was er ist: laut, hektisch und gnadenlos anstrengend – Tag und Nacht.