Bei Blau-Schwarz rumpelt es

Heißer Fight um neue ORF-Tarife & ÖVP-Premium-Mitglied

Bloß Theaterdonner oder Klima-Wandel in den Verhandlungen von Blau-Schwarz? Zuletzt hat sich das Verhältnis eingetrübt. Das steckt dahinter.
Clemens Oistric
26.01.2025, 20:13
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben

Am blauen Koalitionshimmel zogen zuletzt schwarze Wolken auf: So harmonisch und rasant die Gespräche zwischen FPÖ und ÖVP auch begonnen hatten, trübte sich das Klima nun – wie ausführlich berichtet – ein.

"FPÖ muss sich in die Mitte bewegen"

Das öffentliche Gewitter entlud sich dann nach einem "Heute"-Interview von Neo-ÖVP-Generalsekretär Alexander Pröll. Er hatte formuliert, dass das Koalitionsabkommen die Handschrift der Volkspartei tragen müsse. Tags darauf setzte Parteichef Stocker nochmals nach; betonte in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten, dass sich die FPÖ  "vom rechten Rand in die Mitte bewegen" müsse.

Aussagen, die FPÖ-Obmann Herbert Kickl äußerst sauer aufgestoßen haben dürften. Länder-Granden und Generalsekretär Christian Hafenecker rückten in der Folge aus. "Die ÖVP war es bisher gewöhnt, als stärkerer Partner eine Koalition zu verhandeln und somit auch den Ton anzugeben. Mittlerweile sind sie bei ersten Koalitionsversuchen gescheitert", donnerte Hafenecker. Nachsatz: "Jetzt ist eine ganz andere Konstellation da. Selbstverständlich ist es uns als FPÖ wichtig, dass wir unsere zentralen Themen zur Geltung bringen."

Video: Talk mit FP-General Hafenecker

Budget nicht völlig zu Kickls Zufriedenheit

Blau und Schwarz ringen also darum, den Ton in den Verhandlungen anzugeben. Alles nur Theaterdonner wegen der Gemeinderatswahlen in Niederösterreich und Linz? Nicht ausschließlich. Wie "Heute" hinter den Kulissen erfährt, dürfte Herbert Kickl nicht restlos glücklich über die Details der Budget-Konsolidierung sein. Ex-ÖBB-Manager Arnold Schiefer hatte hier weitestgehend freie Hand, erzielte mit der ÖVP innerhalb von drei Tagen auch eine Einigung, die Österreich vor einem EU-Defizitverfahren bewahrte.

FPÖ fordert nun Bankenabgabe

Aber: Kürzungen, die die breite Masse treffen (etwa Aus des Klima-Bonus bei gleichzeitiger Beibehaltung der von der FPÖ immer heftigst kritisierten CO2-Steuer) tun vor allem den Blauen, die sich selbst gerne als Partei des kleinen Mannes sehen, weh. Kickl reagierte, hat am Wochenende via "Kronen Zeitung" öffentlich eine Bankenabgabe eingefordert – für die ÖVP die ultimative Provokation, hatten die Schwarzen doch wegen ebendieser Besteuerung von Kreditinstituten die Gespräche mit der SPÖ abgebrochen.

Kickl jedoch, das berichten Vertraute, ist nun wild entschlossen, die Verhandlungen mit großem Selbstbewusstsein weiterzuführen und auf Gerechtigkeit zu pochen. Motto: Wenn gespart werden muss, müssen tatsächlich alle den Gürtel enger schnallen. Das betrifft dann etwa auch Ministerien, ORF – und eben Banken.

Die "Premium-Mitglieder" der ÖVP.
Sceenshot "Heute"

Die Bankenabgabe – und das weiß Polit-Taktiker Kickl – ist für die Schwarzen ein absolutes No-Go und wird intern zur Zerreißprobe. Bei Durchsicht des aktuellen ÖVP-Rechenschaftsberichts an den Rechnungshof sticht nämlich ins Auge, dass die ÖVP drei üppig zahlende "Premium-Mitglieder" hat. Darunter der Österreichische Raiffeisenverband, der einen Mitgliedsbeitrag von 100.000 Euro jährlich überweist.

FPÖ provoziert ÖVP-Premiummitglied

Parteispenden durch Personen oder Unternehmen im engeren Sinn sind mit 7.500 Euro pro Jahr limitiert. Welchen Mehrwert eine "Premium-Mitgliedschaft" bei der ÖVP hat, wird in dem Bericht nicht näher definiert. Fakt ist: Eine Banken-Abgabe dürfte im Giebelkreuz-Universum keine Jubelchöre auslösen. "Wir würden der SPÖ vor den nächsten Wahlen das Argument nehmen, dass wir der ÖVP dabei behilflich sind, Großkonzerne zu schützen", sagt ein Freiheitlicher über die blaue Marschroute.

FPÖ: "Haushaltsabgabe muss fallen"

Doch die Bankenabgabe ist nicht das einzige Thema, um das aktuell gerungen wird. Bekannt sind die Knackpunkte bei EU- und Verteidigungspolitik. Auch der ORF steht einmal mehr im Fokus der Verhandler. Die FPÖ will laut Mediensprecher Hafenecker "den Privilegien-Stadl zurückbauen" und "auf seine Kernaufgabe zurückführen". Die Haushaltsabgabe soll fallen, der öffentlich-rechtliche Sender mit 15 Prozent Budget weniger auskommen.

Neue ORF-Tarife?

Da der ORF dann aus dem Bundesbudget finanziert werden müsste, ist die ÖVP angesichts der angespannten budgetären Lage vom blauen Ansinnen nicht überzeugt. Laut "Heute"-Infos ist man aktuell nur zu verschiedenen Tarifen (Ermäßigung etwa für Pensionisten) bereit.

Das geht der FPÖ nicht weit genug: "Die Haushaltsabgabe muss fallen", so ein blauer Verhandler. Die Abschaffung war ein zentrales Wahlversprechen von Herbert Kickl. Die ÖVP wollte auf Anfrage am Sonntag nicht sagen, ob sie für oder gegen den Fortbestand der Haushaltsabgabe ist. Laut repräsentativer "Heute"-Umfrage wollen 54 Prozent der Bevölkerung das Aus der Fernsehgebühr.

Treffen Kickl/Stocker

Steht Blau-Schwarz an der Kippe? "Es gibt mehr Konsens als Dissens", betonte ÖVP-General Christian Stocker noch am Donnerstag. Ins Detail wollte er nicht gehen. Aus Verhandlerkreisen heißt es, dass es etwa im Verkehrs-, Justiz-, Bildungs- und Familienbereich sehr gut läuft. Ab Montag kommen die 13 Untergruppen wieder zusammen. Kommende Woche sollen auch die Parteichefs Kickl und Stocker wieder aufeinander treffen.

{title && {title} } coi, {title && {title} } Akt. 26.01.2025, 20:17, 26.01.2025, 20:13
Jetzt E-Paper lesen