So gehen Islamisten vor

Hisbollah-Propaganda weiter in Österreich abrufbar

Al-Manar TV verbreitet als Sprachrohr der Hisbollah online extremistische Inhalte und bleibt trotz Sperren in Österreich weiterhin abrufbar.
Newsdesk Heute
20.12.2025, 12:13
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Im aktuellen Bericht der Dokumentationsstelle Politischer Islam (DPI) steht der Propagandasender Al-Manar TV im Mittelpunkt. Der Sender gilt als zentrales Sprachrohr der Hisbollah und ist online für alle zugänglich. Mit einer mehrsprachigen Website – auf Arabisch, Englisch, Französisch und Spanisch – richtet sich Al-Manar an ein weltweites Publikum und erreicht so eine enorme Reichweite. Wie es in einer APA OTS-Aussendung heißt, beschreibt sich Al-Manar selbst als "effektive psychologische Kriegsführung" gegen "den zionistischen Feind". Im Zuge der Verbreitung extremistischer Inhalte werden antisemitische Stereotype bedient und Selbstmordattentäter verherrlicht.

Die Europäische Union hat Al-Manar bereits 2005 von allen EU-Satelliten verbannt. Einige Länder gingen noch weiter und verhängten zusätzliche Verbote. Trotzdem blieb der Sender über Livestreams im Internet erreichbar. Im Dezember 2024 hat die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) in Deutschland alle Telekommunikationsfirmen angewiesen, die Webseiten von Al-Manar in allen Sprachen zu sperren. In Österreich und der Schweiz ist der Sender aber weiterhin online abrufbar.

Nahostkonflikt im Fokus

Der Hisbollah-Kanal bietet vor allem auf Arabisch ein breites Angebot an Nachrichten und Unterhaltung in verschiedenen Formaten und professionellem Design. Ziel ist es, sowohl die eigene Basis als auch Sympathisanten und nahestehende Gruppen zu erreichen und die Gegner einzuschüchtern. Die Propaganda mischt islamistische und antiimperialistische Botschaften und zeigt die Ereignisse immer aus Sicht der Hisbollah.

Besonders viel Raum nimmt die Berichterstattung über den Nahostkonflikt ein, wobei deutlich gegen Israel und den Westen Stellung bezogen wird. Auch europäische Themen werden behandelt – immer im Sinne der eigenen religiös-extremistischen Agenda. So werden etwa Diskussionen rund um die Teilnahme Israels am Eurovision Song Contest 2025 für Propagandazwecke genutzt. Al-Manar ist Teil eines internationalen Mediennetzwerks und bezieht sich oft auf bekannte Nachrichtenagenturen, etwa aus Russland oder dem Iran. Es werden gezielt Gegennarrative zu Berichten westlicher Medien verbreitet.

Nicht nur Migranten als Zielgruppe

Mit den problematischen Inhalten richtet sich Al-Manar vor allem an arabischsprachige Communities, aber auch an mögliche Verbündete aus dem antiimperialistischen Umfeld. Die Selbstdarstellung der Hisbollah als "islamische Widerstandsbewegung" und das Streuen spaltender Narrative sind zentrale Teile der Medienstrategie, die klar antiwestlich, israelfeindlich und antisemitisch ausgerichtet ist. Oft werden – vor allem in Berichten über "den zionistischen Feind" – falsche Zusammenhänge konstruiert oder wichtige Informationen weggelassen, um die eigene islamistische Linie zu stützen. Nach dem in Deutschland 2020 verhängten Betätigungsverbot gegen die Hisbollah berichtete Al-Manar unter Berufung auf das syrische Außenministerium, Deutschland habe sich damit dem "Diktat des Weltzionismus" unterworfen.

Die Ideologie der Hisbollah baut stark auf das Konzept des "islamischen Widerstands" im Namen unterdrückter Völker. Ihr Chefideologe Muhammad Hussein Fadlallah beschreibt das Ziel als "Widerstandsbewegung für die islamische Welt" und für die "elend gemachten Völker" des Globalen Südens. Um mehr Menschen zu erreichen, setzt die Organisation gezielt auf antikoloniale Rhetorik. Durch die Verbindung von antiwestlichen und antizionistischen Standpunkten sollen auch antiimperialistische Linke angesprochen werden. Begriffe wie "Befreiung", "Gerechtigkeit" und "Widerstand" stehen dabei im Mittelpunkt. Plattformen aus diesem Spektrum veröffentlichten in der Vergangenheit Interviews mit Hisbollah-Mitgliedern.

Anklang in Österreich

In Österreich empfahl eine bekannte Aktivistin mit offen pro-Hisbollah- und pro-Hamas-Positionen die Inhalte von Al-Manar und Al-Mayadeen – letzteres steht ebenfalls unter schiitisch-islamistischem Einfluss. Auch die Vereinigung Dar al Janub in Österreich teilte auf Social Media regelmäßig Botschaften der Hisbollah, etwa vom langjährigen Generalsekretär Hassan Nasrallah. Die Verbreitung dieser Inhalte durch nichtislamistische, oft linksradikale Akteure zeigt, dass die Propaganda der Hisbollah einen erweiterten Personenkreis anspricht.

Der DPI-Bericht stellt auch Verbindungen zu internationalen Organisationen her, die im Nahostkonflikt aktiv sind – etwa zur Hind-Rajab-Foundation mit Sitz in Belgien. Ihr Gründer, der libanesische Aktivist Abou Jahjah, ist mehrfach mit Behörden aneinandergeraten. 2024 wurde ihm wegen Extremismusverdachts die Wiedereinreise nach Großbritannien verweigert. Seine Beiträge in sozialen Medien und Äußerungen zur Hisbollah zeigen eine ideologische Nähe.

Fake-Fahndungsplakate

Die Stiftung wurde 2024 gegründet, um israelische Soldaten wegen angeblicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen juristisch in Europa zu verfolgen. In Österreich geriet die Stiftung Anfang 2025 in die Schlagzeilen, nachdem in Wien "Fahndungsplakate" eines angezeigten israelischen Soldaten auftauchten. Kurz darauf stellte die Hind-Rajab-Foundation im März 2025 eine in München eingereichte Klage online. Noch bevor deutschsprachige Medien darüber berichteten, griffen Al-Manar und der iranische Sender PressTV das Thema auf.

Seit dem Krieg zwischen Hamas und Israel ab 7. Oktober 2023 ist die Schlagkraft der Hisbollah deutlich gesunken. Der Tod ihres Anführers Hassan Nasrallah und der Verlust wichtiger Versorgungswege aus dem Iran durch Baschar al-Assads Machtverlust in Syrien haben die Organisation geschwächt. Jetzt sucht die Hisbollah verstärkt neue Ressourcen und richtet ihren Blick auch auf Europa. Mit ihren Botschaften will sie nun auch außerhalb des arabischsprachigen Raums Sympathisanten gewinnen. Frühere Aktivitäten in westlichen Ländern und die aktuelle Lage im Libanon deuten auf eine strategische Neuausrichtung hin. Die Medienanalyse zeigt: Personen aus der arabischsprachigen Diaspora in Europa und Unterstützer aus anderen ideologischen Kreisen werden für die Aktivitäten der Hisbollah auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Den neuen DPI-Bericht "Hezbollah in Europe: Media and Mobilisation" sowie weitere Publikationen des Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus findest du auf www.dokumentationsstelle.at.

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