Terror in Wien
"Hunderte Extremisten werden bald wieder frei sein"
Weil Wien mit dem Thema Sicherheit locker umgegangen sei und es eine starke islamistische Szene gebe, war die Anschlagsgefahr groß.
Terrorexperten malen ein düsteres Bild. Europas Gefängnisse sind voll mit gefährlich radikalisierten Straftätern. Das Spektrum reicht von Neonazis bis zu IS-Anhängern. Wiederholungsgefahr. Der international renommierte Terrorismus-Experte Peter R. Neumann vom Londoner Kings College warnt auf Twitter: "In den kommenden Jahren werden Hunderte extremistische Angreifer freigelassen." Das berge eine große Gefahr weiterer Anschläge in ganz Europa.
Stiefkind Sicherheit
Nicolas Stockhammer, Politikwissenschaftler mit Fokus auf Sicherheitsthemen, rechnet ebenfalls mit weiteren Terroranschlägen. Gegenüber "Heute" erklärte er, warum ausgerechnet Wien zum Ziel des blutigen Anschlags vom 2. November wurde. "Wien ist ein relativ weiches Ziel mit vergleichsweise wenig Polizeipräsenz", sagt der Experte. Man habe bewusst darauf verzichtet, "schwer bewaffnete Sicherheitskräfte durch die Straßen laufen zu lassen, wie das in anderen europäischen Städten der Fall ist". Zugleich stehe Wien allerdings auch als diplomatische Drehscheibe und Hauptstadt eines neutralen Landes sowie aufgrund der Lage im Herzen Mitteleuropas im internationalen Fokus.
Kritischer Zeitpunkt
Bemerkenswert: Stockhammer geht davon aus, dass die Attacke ursprünglich für einen späteren Zeitpunkt geplant war. Weil vor dem Lockdown noch mehr Menschen in der Wiener Innenstadt unterwegs waren, könnte die Tat aber vorgezogen worden sein. Im Lockdown selbst sei die Terrorgefahr geringer, weil weniger Leute auf der Straße seien.
Warnungen vor einem Attentat in Wien habe es seit Längerem von Nachrichtendiensten gegeben. Vor allem, weil Österreich über eine aktive islamistische Szene verfüge. "Was die Migration ins 'Kalifat', also nach Syrien und den Irak betrifft, liegt Österreich an vierter Stelle in Europa." 320 Kämpfer seien dorthin gezogen.