Gesundheit

In den USA kaufen Eltern nun kugelsichere Schultaschen

Nach dem Amoklauf in Nashville, bei dem sechs Personen ums Leben kamen, statten viele Eltern ihre Kinder nun mit kugelsicheren Schultaschen aus. 

Sabine Primes
Eine schusssichere Platte (Bild) kann in den Rucksack gelegt werden und im Ernstfall als Schutzschild verwendet werden. 
Eine schusssichere Platte (Bild) kann in den Rucksack gelegt werden und im Ernstfall als Schutzschild verwendet werden. 

Seit Anfang 2023 gab es in den USA mindestens 130 Massenerschießungen und 12 Schießereien an Grundschulen. Zuletzt tötete ein Schütze drei Erwachsene und drei Kinder an der The Covenant School, einer Privatschule in Nashville, Tennessee (USA).

Problematische Waffengesetze

Es folgten Proteste von Eltern und Schülern vor dem Kapitol in Tennessee und forderten eine Verschärfung der Waffengesetze. Auch der amerikanische Präsident Joe Biden rief nach diesem wiederholten Massaker den Kongress erneut dazu auf, eine von ihm vorgelegte Verschärfung des Waffenrechtes zu verabschieden. Die Republikaner hingegen wollen den Zugang zu Waffen weiter erleichtern. Aktuell ist in 25 Bundesstaaten für das Tragen einer Handfeuerwaffe keine Genehmigung erforderlich.

Waren früher vor allem Revolver in Privatbesitz. Jetzt entwickelt sich der Trend in Richtung Sturmgewehr. Waffen des Typs AR-15 sind immer öfter Tatwerkzeuge von Amokläufern. Die Masse der Käufer (48 Prozent) lebt in vorstädtischen Siedlungen, fast die Hälfte im Süden der USA und in Staaten, die Donald Trump im Präsidentschaftsjahr 2020 gewonnen hat. Insgesamt 41 Prozent wählen republikanisch, nur zehn Prozent demokratisch. Das ergab eine siebenmonatige Recherche der "Washington Post". 

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    Bei einem Amoklauf an einer US-Grundschule in Nashville wurden mindestens sechs Menschen getötet.
    Bei einem Amoklauf an einer US-Grundschule in Nashville wurden mindestens sechs Menschen getötet.
    via REUTERS

    Machtlos und verzweifelt

    Eltern stehen dieser Entwicklung machtlos und verzweifelt gegenüber. Die Möglichkeit, ihre Kinder zu beschützen endet beim Schuleingang. Aus Angst greifen sie deshalb nun zu einem drastischen Mittel: Kugelsichere Schulrucksäcke. Seit der Schießerei in Nashville seien die Verkaufszahlen um 500 Prozent in die Höhe geschnellt, sagt Steve Naremore, CEO von TuffyPacks. Verkauft werden kugelsichere Rucksackeinlagen (ab 119 Dollar) oder ganze Rucksäcke mit Einlagen (ab 137 Dollar). 

    Auf TikTok gehen Videos dieser Rucksäcke derzeit viral. In vielen Videos zeigen Mütter wie sie die Schultaschen ihrer Kinder kugelsicher machen.

    Eine von ihnen ist Userin @_notcathy. Während sie die kugelsichere Platte in den Rucksack ihrer Tochter legt, sagt sie: "Ich habe es satt, dass die Leute immer schockiert von Waffengewalt in diesem Land sind. Es ist nicht schockierend, weil dieses Land hat schon mehrmals bewiesen, dass es ihnen mehr um Waffenlobby und Geld geht als um Menschenleben. Wie viele müssen noch getötet werden?"

    "Würdest du für deine Schüler sterben?"

    Auch Lehrer und Pädagogen zeigen auf der Videoplattform, mit welchen Mitteln sie sich und ihre Schüler im Ernstfall schützen wollen. Sie erarbeiten Maßnahmenpläne und schaffen Equipment an: Türverriegelungen und schusssicher ausgestattete Rucksäcke stehen griffbereit. "'Würdest du für deine Schüler sterben?' Das ist eine Frage, die sich jeder Lehrer in den Vereinigten Staaten stellen wird müssen", sagt Userin @syneythekydneyy. 

    Userin @_emmy.xoxo__ ist Pädagogin am Our Little Texans Learning Center in Texas und arbeitet mit kleinen Kindern. Ihnen den Ernst der Lage kindgerecht bewusst zu machen, ist eine besondere Herausforderung. Ihr Video hat fast vier Millionen Menschen erreicht. "Wir werden ein Codewort haben und wenn ich das sage, müssen wir uns ganz, ganz schnell in einem Winkel im Klassenzimmer verstecken. Und wir müssen ganz, ganz still sein. Es wird nicht oft vorkommen, aber wenn, dann ist es wichtig, so dass wir alle gesund nach Hause kommen. Wir werden das ein paar Mal üben und dann einmal im Monat wiederholen, damit wir es nicht vergessen."