Wegen Planungsfehler

In Stadt ist es nach Umzug plötzlich 10 Grad kälter

Eine Forscherin erklärt, warum es in der umgesiedelten Stadt Kiruna jetzt spürbar kälter ist. Der Grund liegt (nicht nur) in der Architektur.
20 Minuten
07.11.2025, 21:06
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben
Hör dir den Artikel an:
00:00 / 02:45
1X
BotTalk

Die schwedische Stadt Kiruna wurde einst für die Arbeiter einer Eisenerzmine gebaut, die über die Jahre immer weiter vergrößert wurde. Das führte allerdings dazu, dass der Boden unter der Stadt schwach und instabil wurde. Deswegen wird die Stadt bereits seit 2014 und noch bis etwa 2035 Stück für Stück umgesiedelt. Zuletzt sorgte der Transport der Kirche für Aufsehen.

Kiruna liegt weit oben im Norden Schwedens, arktische Kälte ist man sich dort also gewohnt. Seit der Umsiedlung ist es im "neuen" Kiruna aber nochmals kälter geworden. Und das nicht zu knapp: Laut einer Untersuchung der Universität Göteborg, die dem Phänomen auf den Grund gehen wollte, ist es im Schnitt bis zu 10 Grad frostiger als vorher. Dabei liegt das neue Kiruna nur knapp fünf Kilometer weiter östlich als das alte.

Planungsfehler bei Umsiedlung

In ihrem Untersuchungsbericht beschreibt Jennie Sjöholm von der Universität Göteborg, dass das Mikroklima im neuen Kiruna nicht optimal berücksichtigt wurde: "Historisch gesehen war Kirunas ursprünglicher Stadtplan strategisch so angelegt, dass er Schutz vor Wind bot und angenehme Außenräume schuf. Im Gegensatz dazu liegt das neu verlegte Stadtzentrum in einem kälteren, weniger geschützten Gebiet, und die dichtere Bebauung verringert den Zugang zu Sonnenlicht."

Das neue Gebiet befindet sich rund 100 Meter tiefer als das alte, in einem Tal. Durch die dichte Bebauung gibt es Straßenteile, die den ganzen Winter über keine Sonne sehen. Außerdem sind die Straßen weniger verwinkelt angelegt. Dadurch kann der Wind durch das Dorf peitschen. Anwohner bezeichnen es laut Sjöholms Bericht als "verdammten Windkanal".

Noch nicht zu spät

Besonders ärgerlich: Eigentlich galt Kiruna als Vorzeigebeispiel einer arktischen Stadt. Ein Vorbild dafür, wie man in besonders kalten Gegenden am besten baut. Bei der neuen Stadt wurden andere Prioritäten gesetzt – und das rächt sich jetzt. Laut Sjöholm liegt das einerseits daran, dass die Planer und Architekten selbst nicht aus arktischen Gebieten stammen, aber auch an der Bauindustrie, die an vielen Orten Kosten einsparen wollte.

Es gibt aber noch Hoffnung: Laut Sjöholm sei es noch möglich, das Mikroklima in Kiruna zumindest teilweise zu retten. Dafür brauche es zum Beispiel mehr Bepflanzung und Stadtmobiliar. Außerdem könne man bei der weiteren Umsiedlung einen "Knick" in die Straßen machen, um den Windkanal wenigstens nicht noch zu verlängern. So soll es in der nördlichsten Stadt Schwedens bald wieder ein bisschen wärmer werden – immerhin gilt sie laut "Visit Sweden" als echtes Winterparadies.

{title && {title} } 20 Minuten, {title && {title} } 07.11.2025, 21:06
Weitere Storys
Jetzt Abendausgabe lesen