Gesundheit

Intensivpfleger: "Hälfte der Covid-Patienten stirbt"

Matthias Wieland ist Pfleger auf einer Covid-Intensivstation in Wien. Wie er die aktuelle Situation täglich erlebt, erzählt er im "Heute"-Gespräch.

Sabine Primes
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Blick in die Intensivstation des Klinikums in Tulln (Archivfoto)
Blick in die Intensivstation des Klinikums in Tulln (Archivfoto)
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Im Sommer sei die Situation stabil gewesen, erzählt Matthias Wieland. So stabil, dass die Intensivstation, auf der er arbeitet, wieder seiner eigentlichen Aufgabe nachgehen konnte und keine Covid-19-Patienten aufnehmen musste. Mit September und Oktober begann sich das Blatt indes wieder zu wenden.

Denn jetzt belegen erneut Corona-Patienten die sechs Betten der Station, die damit ausgelastet ist. Derzeit seien seine Intensivpatienten zwischen 30 und 60 Jahre alt und durchgehend ungeimpft, sagt der 34-jährige Pfleger. Der jüngste Patient, an den er sich erinnert, war unter 20 Jahre alt - ebenfalls ungeimpft - und mit "gesellschaftstypischen Vorerkrankungen" wie Bluthochdruck und Diabetes. Zwar hatte er auch geimpfte Covid-Patienten, "das waren aber immunsupprimierte Personen, bei denen die Impfung aufgrund von Medikamenten nicht gewirkt hat."

Striktes Besuchsverbot

Auf Matthias' Station kommen Menschen, die es ohne Herz-Lunge-Maschine (ECMO) nicht mehr schaffen würden. Deshalb werden auch Patienten aus anderen Wiener Krankenhäuser zu ihm verlegt. Der Grund: Es gibt nicht in jedem Wiener Krankenhaus Herz-Lungen-Maschinen. 

ECMO steht für "Extra Corporeal Membrane Oxygenation" - eine Maschine, die die Arbeit der Lunge übernimmt, während diese sich ausruht und selbst repariert.

Solange der Patient infektiös ist - also positiv getestet wird - bleibt er auf Matthias' Station. Deshalb sind dort auch Besuche von Angehörigen verboten. "Wir wollen nicht riskieren, dass sich ein Besucher infiziert", hält Wieland fest. Ist der Patient nicht mehr ansteckend, wird er auf die Nachbarstation verlegt - ebenfalls eine Intensivstation. Dort kann er dann besucht werden. Ist er stabil genug, kommt er auf eine Normalstation. Ab da steht ihm ein langer Weg zurück ins Leben bevor.

"Hälfte der Patienten auf der Intensivstation verstirbt"

Aufenthalte auf Intensivstationen dauern vier Wochen und länger - wenn man es überlebt. Denn das sei nicht selbstverständlich, sagt Matthias: "Die Hälfte von unseren Patienten verstirbt leider. Auch, weil das am Leben erhalten mit der Herz-Lungen-Maschine gewisse Risiken birgt wie Blutgerinnsel (Thrombosen) und Blutungsneigung aufgrund der Blutverdünnungsmedikamente. Diese bekommen die Patienten, damit sie, während der Wochen im Koma, keine lebensgefährlichen Thrombosen in Lunge oder Gehirn entwickeln."

Ob diejenigen, die den Krankenhausaufenthalt überleben, Reue empfinden und ihre Abneigung gegen die Impfung revidieren, weiß Matthias nicht. Denn, "den wachen, sprechenden Covid-Patienten kenne ich nicht."

"Maßnahmen kommen zu spät"

Er und seine Kollegen arbeiten alle am Anschlag, im Burnout sei aber derzeit noch niemand. Wie es ihnen geht? "Gott sei Dank sind wir ein gutes Team, wo man sich auch untereinander austauschen kann. Das kompensiert viel von dem, was man täglich sieht", ist Matthias froh. Aber er glaubt nicht, dass das die letzte Welle gewesen ist. "Meiner Meinung nach kommen Maßnahmen, die die Impfquote steigern sollen, zu spät. Denn bis wir die Auswirkungen davon auf der Station spüren, arbeiten wir ein weiteres Monat am Limit."