Er stammt aus einer Familie von Weltklasse-Soloklarinettisten: Vater Ernst Ottensamer war bis zu seinem Tod 2017 berühmter Wiener Philharmoniker, sein älterer Bruder Daniel Ottensamer ist es noch heute. Andreas Ottensamer machte hingegen bei den Berliner Philharmonikern große Karriere. Der 36-Jährige hat nun jedoch einen neuen Weg als erfolgreicher Maestro eingeschlagen. Dafür ist er heuer aus dem Orchester ausgetreten.
"Das war ein großer Schritt und rührte daher, dass sich mein Fokus sehr stark aufs Dirigieren verschoben hat. Dorthin fließt jetzt der Großteil meiner Zeit und Energie", erklärt er im "Heute"-Gespräch. "Dem Instrument bleibe ich aber immer verbunden", betont er.
Der Vollblutmusiker hat jedoch nicht über Nacht das Fach gewechselt. "Ich habe das jahrelang aufgebaut, das Orchester und meine Aktivität als Dirigent sind eine Zeit lang auch parallel gelaufen. Ein Sabbatical habe ich dann genutzt, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was mich erfüllt." Klar ist aber: "Das Spielen macht mir immer noch extrem viel Spaß, es war immer ein wunderbarer Teil meines musikalischen Lebens."
Am 5. Dezember, dem Sterbetag von Wolfgang Amadeus Mozart, leitet Ottensamer im Stadttheater Wiener Neustadt das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich mit einem ganz besonderen Konzert: Mozarts Requiem. Das Werk, das 1793 in Wiener Neustadt erstmals erklang, erfüllt rund 230 Jahre später den Großen Saal. "Es ist ein monumentales Werk. Es erfüllt einen mit Ehrfurcht an Orte zu kommen, die eine enge Verbindung mit dem Komponisten haben."
Im Haus, dass die ehemalige Opernball-Chefin Maria Großbauer in eine neue Ära führt, dirigiert der 36-Jährige international bekannte Solisten Christina Gansch, Kate Lindsey, Matthew Newlin und Alexander Grassauer. Das Konzert wird live auf ORFIII und über Stage+ by Deutsche Grammophon übertragen.
Im Vergleich zu seinen Kollegen ist Ottensamer ein besonders junger Maestro, das ist Fluch und Segen zugleich. "Als junger Dirigent ist man in einem Dilemma, weil man von Anfang an große Lebenserfahrung mitbringen soll. Aber dirigieren muss man natürlich auch erst lernen. Ich war 15 Jahre lang im Orchester und weiß daher glücklicherweise, wie man probt. Da ich neben der Klarinette auch Cello gelernt habe, fühle ich mich auch wohl mit Streichern zu arbeiten. Aber jedes Orchester ist selbstverständlich anders – das ist das Schöne und gleichzeitig die Herausforderung: zu einem gewissen Grad beginnt man am Anfang einer Probenphase jedes Mal von Null".