Rasante Geschwindigkeit.

KI-Bands am Vormarsch: "Künstler machen sich Sorgen"

Die Zürcher Musikerin Natascha Polké diskutiert an der Zurich Music Week die Auswirkungen von KI auf die Musikbranche.
05.08.2025, 18:29
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Nicht einmal drei Monate nach der Gründung hat die Band "The Velvet Sundown" schon drei Alben veröffentlicht. Über eine Million Personen hören die Band monatlich auf Spotify. Doch hinter dem sagenhaften Erfolg verbirgt sich ein dunkles Geheimnis: Anfang Juli mussten die Akteure hinter der Band schließlich zugeben, dass alles – von der Musik, zu den Musiktiteln und Bildern – KI-generiert ist.

Verantwortlich für den KI-Boom in der Musikwelt ist das "ChatGPT" der Musik: das Programm Suno. Innerhalb von Sekunden lässt sich mit wenigen Prompts ein ganzes Album zusammenzimmern. Die rasante Entwicklung wird in der Musikindustrie mit Anspannung beobachtet, sagt Natascha Polké. Anlässlich ihres Podiumsauftritts an der "Zurich Music Week" zum Thema KI in der Musikindustrie hat "20 Minuten" mit der Zürcher Musikerin gesprochen.

"TaTa": Timbaland setzt voll auf die KI-generierte Künstlerin.
Stage Zero/Timbaland
Die KI-Band Velvet Sundown wird von Spotify in verschiedensten Playlists gepusht.
Instagram/thevelvetsundownband

Natascha, KI-Bands sind auf dem Vormarsch, bekannte Produzenten setzen auf KI-Künstler. Was hältst du davon?

Mit Suno ist es möglich, mit einem guten Prompt innerhalb von Minuten einen Track zu kreieren. Das ist technisch faszinierend, gleichzeitig aber auch etwas beängstigend.

Ich sehe das Potenzial, wenn KI vor allem als Tool für bestimmte Prozesse oder auch als Inspiration verwendet wird. Wenn ich aber einen komplett KI-generierten Text lese oder eine Band höre, die es so nie gegeben hat, fühlt sich das für mich meist leer an, da der menschliche Tiefgang fehlt. Für mich ist klar: Der Kern der Musik sollte menschlich bleiben.

Aber trotzdem wird der Vormarsch von KI-generierter Musik nicht zu stoppen sein, oder?

Nein, der Vormarsch von KI-Musik lässt sich wohl nicht aufhalten. Viele werden sie nutzen, viele werden sie hören. Wir könnten regelrecht mit KI-Musik überflutet werden, da sie für die Streamingplattformen sehr attraktiv ist – auch weil, soweit ich weiß, die Frage der Vergütung von reiner KI-Musik bisher nicht eindeutig geregelt ist. Das kann langfristig echten Künstlerinnen und Künstlern das Wasser abgraben. Viele Musiker machen sich deswegen große Sorgen.

Wie reagiert die Branche darauf?

Während einige KI komplett ablehnen, machen andere mit. So hat beispielsweise die Musikerin Grimes ein KI-Modell mit ihrer Stimme trainiert. Jeder, der sie verwendet, kriegt nach der Veröffentlichung einen Anteil der Tantiemen. Es ist ein Versuch, mit der Veränderung mitzugehen. Ob ich das auch mal machen werde, weiss ich aber noch nicht.

„Der Vormarsch von KI-Musik lässt sich wohl nicht aufhalten“

Braucht es eine Deklarationspflicht für Musik, die mithilfe von KI erstellt wurde?

Ich bin der Meinung, dass es für Musik, die komplett mit KI produziert wurde, wie etwa für "The Velvet Sundown", definitiv eine Deklarationspflicht braucht. Wenn eine Musikerin oder ein Musiker ein KI-Plugin braucht, um gewisse Frequenzen herauszufiltern, eher nicht. Ich denke, es muss eine Linie gezogen werden – wo diese aber liegt, ist noch unklar.

Du hast als Singer-Songwriterin angefangen, jetzt bist du in der Techno-Szene zu Hause. Hast du angesichts der Entwicklung mit KI-Musik Angst um deinen Job?

Angst habe ich keine. Aber ich bin ehrlich gesagt auch froh, dass ich schon seit mehreren Jahren live performe – mit Gesang, Synths und echten Emotionen. Das gibt mir eine gewisse Unabhängigkeit. Ich kann mir vorstellen, dass genau solche echten Live-Konzerte in Zukunft weiter an Wert gewinnen werden. Menschen wollen berührt werden und das passiert nicht durch perfekt generierte Sounds, sondern durch echte Momente.

Ende August spiele ich auf einer der schönsten Bühnen beim Burning Man – für mich ein langjähriger Traum, der wahr wird. Gerade an solchen Festivals wird mir immer wieder bewusst, wie stark Musik Menschen verbinden kann. Dieses Gefühl kann keine Maschine erzeugen. Und genau deshalb glaube ich: Echte, menschliche Musik wird immer ihren Platz haben.

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