Ein erst 14-jähriger Bursche ist am Mittwoch am Landesgericht Wien nach gewalttätigen Handlungen gegen seine Schwester rechtskräftig zu fünf Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Die heute 16-Jährige hatte ihr Kopftuch abgelegt – ihr Bruder akzeptierte das nicht und reagierte mit massiven Einschränkungen und Gewalt.
Der ursprünglich aus dem Irak stammende Jugendliche verbot seiner Schwester laut Urteil den Kontakt zu ihrer besten Freundin, "weil diese einen fixen Freund hatte". Auch Treffen mit männlichen Schulfreunden untersagte er. Die 16-Jährige brach den Kontakt zu sämtlichen männlichen Bezugspersonen tatsächlich ab, weil sie – wie sie der Richterin schilderte – Angst hatte, "dass er mich vor ihnen schlägt."
Der Bruder zwang sie zudem, Bilder auf Instagram zu löschen und Social-Media-Accounts zu schließen. Ihre Entscheidung, das Kopftuch abzulegen, änderte sie dennoch nicht: "Das war meine endgültige Entscheidung. Er konnte nichts dagegen tun", sagte sie im Grauen Haus. Selbst als der 14-Jährige sie mit einem Messer bedrohte und ihr Faustschläge gegen den Oberarm versetzte, blieb sie dabei.
„Meine Mutter hat mir gesagt, dass ich die Türe zusperren soll. Dass er nicht zu mir kommt und mir die Haare abschneidet oder mich absticht“Opfer (16)vor Gericht
Aus Angst vor weiteren Übergriffen schloss sich die Schwester nachts in ihrem Zimmer ein: "Meine Mutter hat mir gesagt, dass ich die Türe zusperren soll. Dass er nicht zu mir kommt und mir die Haare abschneidet oder mich absticht." Die Mutter, die den Entschluss ihrer Tochter unterstützte und ebenfalls bedroht wurde, wandte sich schließlich an das Jugendamt, das die Polizei einschaltete. Der bisher unbescholtene Jugendliche wurde am 18. Oktober wegen Tatbegehungsgefahr in U-Haft genommen.
Vor Gericht wirkte der 14-Jährige, der in Handschellen in den Saal gebracht wurde, kleinlaut und emotional. "Ich bin, glaube ich, teilweise schuldig", erklärte er zu Beginn. Als er zu weinen begann, beantragte sein Verteidiger den Ausschluss der Öffentlichkeit, weil sich der Angeklagte "nicht öffnen" könne – die Vernehmung fand daraufhin hinter verschlossenen Türen statt.
Der Verteidiger sprach von einem "unreifen Jugendlichen", der sich "in der Rolle des Bruders und einzigen Mannes im Haushalt" gesehen habe – der Vater lebt in Australien. "Er hatte schlichtweg Angst um den Ruf der Familie", so der Anwalt. Das Urteil von fünf Monaten bedingter Haft ist bereits rechtskräftig.