Wer nach dem dritten Semester das Studium wechselt und Familienbeihilfe bezieht, sollte vorsichtig sein: Denn das Finanzamt kann die Beträge zurückfordern – auch, wenn es gute Gründe wie eine schwere, psychische Erkrankung gibt. Dies zeigt nun eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Tochter eines Oberösterreichers (damals 20) wurde 2018 für das Bachelorstudium Chemie an der Uni Innsbruck zugelassen. Die junge Frau studierte ein Jahr lang, wechselte dann zu Pharmazie – was für das Finanzamt rechtens war, da erst bei einem Studienwechsel nach dem dritten Semester die Familienbeihilfe entzogen wird.
Ab 2019 befand sich die Studentin in psychotherapeutischer Behandlung. Vom Mai bis September 2020 wurde sie aufgrund einer Bulimie in einem Therapiezentrum für Essstörungen untergebracht. Doch die Krankheit hatte Auswirkungen auf ihren Studienerfolg: Bis Jänner 2020 legte die junge Frau noch Prüfungen im Umfang von 42 ECTS erfolgreich ab. Danach verschlechterte sich ihr Zustand so sehr, dass ein Studium nicht mehr möglich war.
Nach dem Aufenthalt im Therapiezentrum ging es wieder bergauf: Die Oberösterreicherin entschied sich, ab dem Wintersemester 2021 Agrarwissenschaften in Wien zu studieren – mit Erfolg. Bis 22. November 2022 legte sie Prüfungen im Umfang von 67,5 ECTS ab, konnte zeitweise sogar in Teilzeit arbeiten.
Doch im März 2023 erhielt ihr Vater einen Brief des Finanzamtes: Dieses forderte die Familienbeihilfe (2.690,20 Euro) und Kinderabsetzbeträge (817,60 Euro) von Oktober 2021 bis November 2022 zurück. Die Beträge beinhalteten auch den anteiligen Geschwisterstaffelbetrag für einen Bruder.
Begründet wurde die Rückforderung damit, dass sie ihr Studium nach dem dritten Semester gewechselt habe und daher die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages nicht vorlägen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Vater Beschwerde. Das Finanzamt sei stets über die Studientätigkeit seiner Tochter informiert gewesen. Er habe Inskriptionsbestätigungen und Erfolgsnachweise beigebracht. Zudem habe sie krankheitsbedingt ein Jahr lang nicht studieren können.
Doch das Finanzamt wies die Beschwerde mit der Begründung ab, Voraussetzung für einen beihilfenrechtlich anzuerkennenden Studienwechsel sei, dass das bisherige Studium krankheitsbedingt nicht mehr betrieben werden könne. Ein zwingender Wechsel der Studienrichtung aus medizinischer Sicht liege bei der jungen Frau aber nicht vor.
Dagegen brachte der Vater einen Antrag ein, in dem vorgebracht wurde, der Studienwechsel sei sehr wohl aufgrund einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung erfolgt. Die Causa ging an das Bundesfinanzgericht. Und dieses führte aus, dass ein Studienwechsel nur dann zu akzeptieren sei, wenn er durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt worden wäre. Dies treffe auf die Frau aber nicht zu.
Der Vater legte Revision ein, der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) wies diese aber zurück. Man könne nicht von einer "zwingenden Herbeiführung" eines Studienwechsels sprechen, "wenn der Studierende infolge der Erkrankung für eine gewisse Zeit an der erfolgreichen Fortführung des Studiums gehindert war, aber auch in einem anderen Studium infolge der Erkrankung keinen günstigen Erfolg hätte erzielen können, und nach Besserung oder Heilung der Erkrankung sich zur Aufnahme eines anderen Studiums entschließt." Der Vater muss daher die Familienbeihilfe zurückzahlen.