Einen Tag lang suchte Ex-Kanzler Sebastian Kurz nach seinem Freispruch nach den richtigen Worten. Als er sein ausführliches Statement begann, startete er überraschend persönlich und emotional.
"Ich gebe zu, dass die letzten vier Jahre eine belastende Zeit waren und dass so ein Strafverfahren eine belastende Situation ist." Dabei gehe es aber gar nicht so sehr um das Delikt selbst bzw. die Strafdrohung, die in seinem Fall "keineswegs lebensverändernd" gewesen wäre.
"Es ist vielmehr der unglaubliche Aufwand, der hier betrieben wird." Das Vorgeführtwerden. "Es waren die zwölf Tage im Schwurgerichtssaal, wo sonst Mörder und Schwerverbrecher sich verantworten müssen." Er selbst durfte das zum Glück aus einer sehr privilegierten Situation erleben: Familie, Freunde, die Abhärtung durch die Spitzenpolitik und finanzielle Vorsorge halfen dabei.
Ganz viele andere hätten das nicht, zerbrechen daran, zeigte er sich verständnisvoll. "Was bleibt, sind zerstörte Karrieren, oftmals zerstörte Familien und psychische Schäden, und das ganz egal, ob die Personen dann am Ende schuldig oder unschuldig sind." Und genau deshalb möchte er mit seinem Statement zwei Änderungen anstoßen.
Zum einen richtet sich seine Kritik gegen die politische Kultur, in der es nicht mehr um Inhalte, sondern nur mehr um Skandale und Anzeigen geht. "Es führt zu einem unangenehmen Klima in der Politik", zerstört auch das Vertrauen der Bevölkerung. "Das darf nicht in unserem Interesse sein."
Zum anderen ist es das, was nach solchen Anzeigen in den Ermittlungsbehörden passiert. Anschuldigungen werden "wie ein Heißluftballon zu einem gigantischen Verfahren aufgeblasen", wodurch auch bei den Ermittlern der Druck entstehe, irgendetwas zu finden. Das trifft nicht nur ihn, sondern auch viele andere Parteien. Die Bevölkerung bekomme dadurch den Eindruck, die Mehrheit der Politiker seien Lügner, Gauner, seien korrupt.