Ganz Österreich betroffen

"Letzte Chance" – Streiktermin der Busfahrer steht fest

Sollten die KV-Verhandlungen am 17. Februar scheitern, werden Österreichs Busfahrer streiken. Ein betroffener Fahrer spricht über enorme Belastungen.
Aram Ghadimi
06.02.2025, 18:12

Seine erste Fahrt macht Busfahrer Markus Ernst lange vor Sonnenaufgang. So ein Arbeitstag, sagt Ernst, "beginnt um 3:35 Uhr und geht bis 7:30 Uhr, dann hast du 9 Stunden Ruhe, bis zum Spätdienst, der, wenn alles glattläuft, von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr geht." Vor 20:00 Uhr kommt Ernst an solchen Tagen nicht nachhause.

Das Schlimmste daran sei, sagt der Familienvater, dass er durch die geteilten Dienste seine Kinder kaum noch sehe. "Für so einen Tag rechnet der Arbeitgeber 6,5 Stunden. Das ist nicht fair", sagt der Busfahrer.

„Sollte der 17. Februar keine Einigung bringen, wird ab 20. Februar gestreikt.“
Horst PammerNÖ-Vorsitzender der Gewerkschaft vida

Ernst arbeitet in einem der wenigen Busunternehmen, die sich den Österreichischen Markt nach dem Billigbieter-Prinzip aufteilen. Eine neue Linie bekommt, wer das günstigste Angebot bei der Ausschreibung eingebracht hat.

"Das führt dazu, dass diese Unternehmen beim einzelnen Mitarbeiter sparen", erklärte Horst Pammer, Vorsitzender der Gewerkschaft vida in Niederösterreich heute auf einer Pressekonferenz in St. Pölten zur prekären Lage von rund 12.000 Busfahrern in Österreich. Lohndumping sei die Folge.

Ein letzter Verhandlungstermin

Ende Jänner war auch die dritte Verhandlungsrunde zum neuen Kollektivvertrag gescheitert. Während die Gewerkschaft bessere Arbeitsbedingungen und zumindest die rollierende Inflation abgegolten haben wollte, kolportierten Arbeitgebervertreter, dass die Forderungen der Gewerkschaft überzogen seien. "Heute" hat dazu berichtet.

Zunächst sah es so aus, als wären nach drei Verhandlungsrunden alle Mittel ausgeschöpft gewesen. Nun dürfte es aber eine letzte Chance auf Einigung geben, nachdem es landesweit zu Betriebsversammlungen gekommen war und Medien darüber berichtet hatten. "Wir konnten dadurch die Arbeitgeberseite zu einem weiteren, letzten Verhandlungstermin bewegen", sagte Pammer gegenüber Medienvertreter heute in St. Pölten. "Dieser Termin wird am 17. Februar sein. Sollte der 17. Februar keine Einigung bringen, wird ab 20. Februar gestreikt."

Markus Ernst, der bei der Pressekonferenz ebenfalls am Podium saß, weil er sich in seinem Unternehmen zum Betriebsrat wählen hat lassen, sieht müde aus. Er muss heute noch in den Dienst. "Dieser Druck ist enorm. Die meisten Kollegen leben von einem Kaffee oder einem Red Bull, im besten Fall von einer Leberkäsesemmel, den ganzen Arbeitstag", erzählt er. "Wir haben Stehzeiten, dann aber ziehen sie uns automatisch 1,5 Stunden ab."

In den letzten Jahren seien die Dienstpläne immer dichter geworden, pflichtet ein Kollege bei. Auch in seinem Unternehmen sei die Stimmung gerade am Boden. Von den neuen Mitarbeitern bleibe kaum einer länger als zwei Monate.

Notdurft im Gebüsch, bei Dunkelheit, alleine

Ernst bringt dazu ein Beispiel: "Die Busbetreiber sagen, dass wer dreimal 15 Minuten durchatmet, seine 30 Minuten Ruhezeit gemacht hat." Eine Mittagspause, wie überall anders üblich, wäre dann nicht mehr drinnen.

Und Ernst ergänzt: "Bei uns in Niederösterreich haben wir oft Stehzeiten fernab jeder Infrastruktur. Das bedeutet Pausengestaltung am Feld oder am Waldesrand, zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter." Das sei besonders für junge Lenkerinnen schwierig, die in der Dunkelheit, alleine, irgendwo ins Gebüsch aufs Klo gehen müssten.

Seit Jahren werden deshalb verstärkt Busfahrer gesucht. Seit 1. Jänner 2024 sogar außerhalb von Europa, da die Busunternehmer durchgesetzt haben, dass der Beruf des Busfahrers auf die Liste für Mangelberufe gesetzt wird. "Aus Serbien hört man, dass dort schon Inder im Bus sitzen", sagt Pammer und ergänzt: "Aber auch Inder haben eine Blase wie jeder Mensch und müssen einmal aufs Klo." Deshalb fordere die Gewerkschaft ordentliche WCs und auch Pausenräume.

Arbeitgeber weisen Vorwurf zu Rot-Weiß-Rot-Karten zurück

Eine dreiviertel Stunde, nach Beginn der Pressekonferenz reagierte die Arbeitgeberseite mit Folgendem Presse-Statement: "Die Arbeitgeber der privaten österreichischen Busunternehmen weisen die haltlosen Vorwürfe und Unterstellungen der Gewerkschaft vida auf das Schärfste zurück.

Die Behauptung, es gäbe Lohndumping sowie eine Bevorzugung von Buslenkern mit Rot-Weiß-Rot-Karten, entbehre jeder Grundlage. "Das ist ein unverantwortlicher Angriff auf die gesamte österreichische Busbranche", wird Chefverhandler Martin Horvath zitiert.

Der Obmann der Berufsgruppe Bus in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sagt, dass derzeit weniger als 1 Prozent der Lenker eine Rot-Weiß-Rot-Karte hätten.

"Falle" für Arbeitnehmer

Die "Falle" der Mangelberufsliste werde man sich nicht gefallen lassen, jetzt nicht und in Zukunft nicht, sagt Pammer zu "Heute" nach der Pressekonferenz: "Hier soll der Preis der Arbeitskraft gedrückt werden und außerhalb von Österreich nach Arbeitskräften gesucht werden, während hierzulande die Arbeitsbedingungen immer ärger werden."

Neben allen Forderungen, die weiterhin bestünden, sagt Pammer, fordere man: "Runter von der Mangelberufsliste." Der Beruf des Busfahrers müsse wieder attraktiv werden. Das gelinge nur durch bessere Arbeitsbedingungen.

{title && {title} } agh, {title && {title} } Akt. 06.02.2025, 18:52, 06.02.2025, 18:12
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