Seit Anfang Februar kommen im ganzen Land Busfahrer zu Betriebsversammlungen zusammen. In St. Pölten kam es deshalb bereits zu Ausfällen auf mehreren Linien. Noch bis 5. Februar soll es Betriebsversammlungen in ganz Österreich geben. Dann entscheidet sich, ob gestreikt wird, sagen Arbeitnehmervertreter.
"Unser Fokus liegt hier nicht auf dem Geld", sagt Markus Petritsch, der Vorsitzende der Gewerkschaft vida für den Fachbereich Straße. "Wenn eine 22 Jahre junge Frau an sechs Tagen bis zu 15 Stunden arbeiten muss, es weder einen Pausenraum, noch ein Klo gibt, dann ist dieser Job für sie uninteressant. Das muss sich ändern, auch im Sinne der Arbeitgeber."
Dabei haben sich die wenigen Unternehmen, die sich den österreichischen Markt aufteilen, erst im letzten Jahr dafür eingesetzt, dass der Beruf auf die Mangelliste kommt.
"Gleichzeitig leben diese Unternehmen vom Steuergeld, davon, dass der Staat seine Steuern in Infrastruktur investiert", merkt Petritsch an.
Der Gewerkschafter sagt: "Es herrscht das Billigbieterprinzip, wo nur jenes Unternehmen die neue Linie bekommt, das den niedrigsten Preis verlangt." Und: "Wenn unser aller Geld für schlechte Arbeitsbedingungen ausgegeben wird, dann macht das keinen Sinn."
„Diesen Druck lassen wir nicht zu. Das Versammlungsrecht steht in unserer Verfassung.“Markus PetritschGewerkschaft vida, Fachbereich Straße
Die Liste an Problemen ist lang, kritisiert die Gewerkschaft: Zu lange Schichten, Überstundenbelastung im Mangelberuf, fehlende Pausenräume und Klos, sowie die unzureichenden Nachtzulagen.
Gregor Stöhr, der Ersatzbetriebsrat bei der Dr. Richard-Gruppe und Klimaaktivist, sagt: "Wir fordern bessere Arbeitszeiten und mehr Lohnsprünge, damit sich Erfahrung auch bezahlt macht."
Sparpolitik auf der einen Seite würden auf schlechte Arbeitsbedingungen auf der anderen Seite treffen, ergänzt er. "WKO – Gib uns Klo" skandierten aufgebrachte Busfahrer deshalb bei einer Demonstration vor der Zentrale der Wirtschaftskammer (WKO) in Wien am 23. Jänner. Doch auch die dritte Verhandlungsrunde um einen neuen Kollektivvertrag brachte kein Ergebnis.
Eine aktuelle Studie der Universität Wien und der Arbeiterkammer Wien belegt: 91 Prozent der rund 600 befragten Busfahrer geben an, durch Nachtschichten und Dienstplanänderungen wenig Zeit für Familie oder Hobbys zu haben. Mehr als ein Drittel leistet regelmäßig Überstunden. Und das bei stagnierenden Löhnen.
So forderten die Busfahrer in den drei zurückliegenden Verhandlungsrunden eine Lohnerhöhung von 3,7 Prozent, um die Inflation zu berücksichtigen sowie spürbar bessere Arbeitsbedingungen. "Damit wollen wir diesen stark belasteten Berufsstand wieder attraktiver machen, denn Busfahrer werden mittlerweile landesweit gesucht", sagt Stöhr.
Die Busunternehmer hätten, sagt Martin Horvath, der Chefverhandler der Arbeitgeberseite, demgegenüber "nicht nur 3,5 Prozent Lohnerhöhung angeboten, die über der Jahresinflation von 2,9 Prozent" liege, sondern auch eine Neuregelung der Nachtarbeitszuschläge in Aussicht gestellt, die – so rechnet der Busunternehmer aus dem Burgenland – "zu einer weiteren Lohnerhöhung von ca. 0,5 Prozent" führen müsse.
Anstatt einzulenken, habe die Arbeitgeberseite falsche Inflationszahlen gestreut, um die Argumente ihrer Mitarbeiter zu diskreditieren, kritisiert das Petritsch.
Die Inflation, die den KV-Verhandlungen zugrunde liege, sei nicht die von den Arbeitgebern angegebene Jahresinflation 2024 von 2,9 Prozent, sondern die rollierende Inflation von 3,5 Prozent im Zeitraum von Oktober 2023 bis November 2024, stellt Petritsch gegenüber "Heute" richtig.
Wer auf den nächsten Dienst wartet, weil er auf Bereitschaft ist, erhalte dafür eine Pauschale, doch: "Da wollten sie kürzen, damit sich der Mitarbeiter seine Lohnerhöhung am Ende selber zahlt."
Seitens der Wirtschaftskammer heißt es: "Die Forderungen der vida führen in Summe zu mehr als 10 Prozent Lohnerhöhung, die für die Busbranche nicht leistbar ist und in vielen Fällen existenzbedrohend ist." Dem Wunsch der vida, die Gespräche abzubrechen, habe die Arbeitgeberseite nachkommen müssen, sagt Horvath.
"Diese Taktik der Arbeitgeberseite, Fake-News zu verbreiten", weist Petritsch aufs Schärfste zurück. Die Berichterstattung über angeblich überzogene Forderungen solle nur Angst schüren.
Schlimmer noch: "Darüber hinaus droht man den Fahrern auch noch mit Klagen, strafrechtlichen und zivilrechtlichen Maßnahmen, sollte es zu Ausfällen auf einzelnen Linien kommen", sagt Petritsch zu "Heute".
"Diesen Druck lassen wir nicht zu. Das Versammlungsrecht steht in unserer Verfassung", hält der Gewerkschafter fest. Betriebsversammlungen würden dem Austausch dienen, sie seien aber nur eine erste Vorstufe zu weiteren Maßnahmen im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen.
Vielleicht werde es noch eine Verhandlungsrunde geben, sagt Petritsch. Man warte jedenfalls auf ein faires Angebot der Arbeitgeber und, dass "sie die Versammlungen nicht mehr stören". Sollte das nicht möglich sein, "dann werden wir die nächste Eskalationsstufe starten." Damit meint er Streiks. Busausfälle wären die Folge.
"Da es heute zu keiner Einigung gekommen ist, empfehlen wir unseren Mitgliedern, die Löhne auf KV-Basis ab Jänner 2025 in der Höhe von 3,5% zu erhöhen - und das so lange, bis eine Einigung mit der Gewerkschaft erzielt werden kann“, zitiert die Wirtschaftskammer Chefverhandler Horvath in ihrer Aussendung – das sieht so aus, als würde sie damit drohenden Streiks vorbeugen wollen.