Ein Mordfall, der nur dank "perfekter Polizeiarbeit" überhaupt aufgeklärt werden konnte, verschlug dienstags Prozessbeobachtern am Wiener Landl die Sprache: Ein 55-jähriger Ungar musste sich wegen Mordes verantworten, nachdem er am 7. April im Wartebereich am Wiener Hauptbahnhof auf einen 38-jährigen Landsmann eingedroschen habe, "wie auf einen Boxsack".
Die Staatsanwältin zeigte sich in ihrem Eröffnungsplädoyer "erschüttert über die Brutalität" und die (ausbleibenden) Reaktionen der vielen Zeugen. Obwohl Menschen im Wartebereich direkt daneben saßen, "schrie keiner um Hilfe, niemand zeigt Zivilcourage", schüttelte sie den Kopf. Schwerverletzt schleppte sich das Opfer noch in einen Zug, brach dann am Wiener Flughafen zusammen.
Per Heli wurde der 38-Jährige ins Klinikum Landstraße geflogen – da war es jedoch zu spät. Der Obdachlose verstarb an einer Hirnblutung. Ärzte schlossen folglich Fremdeinwirkung nicht aus, engagierte Ermittlungen der Polizei begannen. Beamte konnten auf Überwachungskameras das Opfer am Wiener Hauptbahnhof wiedererkennen und so die vorgefallene Attacke rekonstruieren. Ein Polizist außer Dienst erkannten Tage später dort den Verdächtigen (55), für den die Handschellen klickten.
"Die Sache ist überaus tragisch, aber er wollte ihn nicht töten", betonte der Verteidiger des Obdachlosen, der täglich zwei Flaschen Wodka trank und sich vor Gericht "teilweise schuldig" bekannte. An Einzelheiten der Tat wollte er sich nicht erinnern. Geschworene fällten ein Urteil: 9 Jahre Haft wegen absichtlich schwerer Körperverletzung, bereits rechtskräftig.
