Ein Missbrauchs-Skandal erschüttert derzeit SOS Kinderdorf – gleich an mehreren Standorten war es bis ins Jahr 2020 zu Gewalt gegen Kinder gekommen, zuletzt wurde ein bedrückender Fall aus Moosburg in Kärnten bekannt. Betreuer sollen dort ein Schreckens-Regime aufgezogen, Schützlinge geschlagen, eingesperrt und nackt fotografiert haben. Eine Kinderdorf-"Mutter" rationierte sogar Essen und Wasser, ließ die Kinder hungern. Misshandlungen gab es auch an den Standorten Imst und Seekirchen.
Der Verein SOS Kinderdorf geht nun in die Offensive, will den Skandal transparent und lückenlos aufarbeiten – Dienstag (7.10.) präsentierten Geschäftsführerin Annemarie Schlack und Geschäftsleiter Christian Rudisch dazu den Fahrplan im Presseclub Concordia in Wien.
"Wie wollen das Vertrauen wieder zurückgewinnen. Wir warten nicht, wir handeln", so Schlack. Kinderdorf-Chef Christian Moser wurde freigestellt, einen Reformkommission unter der Leitung von Juristin Irmgard Griss soll nun den Skandal unabhängig aufarbeiten, neue Fälle schon im Vorfeld verhindern. "Eine Kinderschutzkultur muss verinnerlicht werden." Innerhalb von drei Monaten sollen erste Ergebnisse vorliegen. Die Kommission wird mit Betroffenen in Kontakt treten, auch strafrechtlich verjährte Fälle sollen aufgearbeitet werden.
"Jeder Kollege muss sich für jedes Kind verantwortlich fühlen", erklärt Rudisch. Die Mitarbeiter werden sensibilisiert, über eine Whistleblowing-Plattform können Vorfälle unkompliziert und anonym gemeldet werden. "Bei akuter Gefahr wird sofort gehandelt."
Trotz interner Untersuchungen wurden in früheren Jahren Behörden nicht über Gewaltfälle in SOS-Kinderdörfern informiert. "Ein Fehler", wie Rudisch erklärt. Man habe aber daraus gelernt. "Die Kinderdorfleitung ist nicht mehr der Dorfkaiser, der Befehle an die Kinderdorf-Familien ausgibt." Nach den Vorfällen in Imst, Seekirchen und Moosburg wurden keine neuen Verdachtsfälle mehr bekannt. Nun gehe es darum, das Vertrauen in SOS Kinderdorf wieder herzustellen.
In den SOS Kinderdörfern werden in ganz Österreich über 4.000 Kinder und Jugendliche betreut, die aus schwierigen Verhältnissen kommen. Die Kinder werden den Einrichtungen von den Ländern zugeteilt.