Spott über "Hausmann"

Mann macht am Abend ALLES – Mutter erntet Shitstorm

Eine Schweizerin wird auf TikTok heftig kritisiert, weil ihr Mann "nach der Arbeit" so viel im Haushalt übernimmt. Dabei ist sie selbst berufstätig.
Nick Wolfinger
03.12.2025, 15:52
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben
Hör dir den Artikel an:
00:00 / 02:45
1X
BotTalk

"Ähm, er arbeitet? Und dann kommt er nach Hause, muss das noch alles machen und noch die Wohnung putzen?": Mit solchen und ähnlichen Kommentaren wird Valeria (28) auf Tiktok überschüttet. Ihr Video, in dem sie erzählt, wie sie und ihr Mann Ali die Aufgaben im Haushalt und die Kinderbetreuung aufteilen, hat offenbar einen Nerv getroffen. Wie schwierig es heutzutage ist, Kinder und Haushalt mit der Karriere zu vereinbaren, wenn beide Eltern Vollzeit arbeiten, beschäftigt viele.

Im Clip sieht man, wie Valeria erzählt, dass sie nun Zeit für sich hat, weil ihr Mann sich um den weinenden und schreienden Sohn kümmert. Sie sagt im Video mit einem Schmunzeln: "Nach 18 Uhr kann man mich einfach nicht mehr gebrauchen, dann bin ich eine sogenannte Rabenmutter." Es sei eine spontane Aufnahme gewesen, erzählt sie später im Interview mit "20 Minuten". Im Video spricht sie darüber, wie ihr Mann sich nun um die Abendroutine kümmert.

"Dank des neuen Systems gibt es weniger Streit"

Kritisiert wird unter dem Video aber nicht ihr Verhalten, sondern ihr neues Familien- und Aufgabenmodell – das System, wie sie es nennt. Doch wie genau sieht das aus? Valerias Alltag beginnt um sieben Uhr. Sie übernimmt die komplette Morgenroutine – aufstehen, Kinder wecken, anziehen, Zähne putzen, Frühstück vorbereiten, alles bereitmachen. Ihre Tochter geht zur Schule, der Sohn ist den ganzen Tag zu Hause. Ihr Mann arbeitet.

"Die Abendroutine übernimmt mein Mann"

Abends wird abwechselnd gekocht, dreimal er, dreimal sie – einmal die Woche essen sie auswärts. Wer kocht, putzt danach die Küche. Die Abendroutine ab 18 Uhr – also Zähne putzen, duschen, Pyjama anziehen, ins Bett bringen – übernimmt immer ihr Mann.

Ein klar geregelter Ablauf, der festlegt, wer wofür verantwortlich ist. Auf dem Papier wirkt es streng, aber für sie sei es eine Entlastung. "Früher hat jeder irgendwas gemacht, aber nie wusste ich, wann was passiert. Ich konnte mich nicht ausruhen. Ich war ständig gestresst." In einem ihrer Videos zeigt sie, wie ein typischer Morgen mit ihren Kindern aussieht:

"Mein Mann findet das System gut"

Seit sie das System eingeführt hat, könne sie ihre Energie besser einteilen. "Jetzt ist alles getaktet. Und wenn etwas nicht gemacht wird, kann man die Person zur Verantwortung ziehen", sagt sie. Ihr gehe es damit viel besser. Früher sei sie oft genervt gewesen, was oft zu Streit geführt habe. Das gebe es nun nicht mehr so häufig, wie sie weiter erzählt. Auch ihr Mann finde das System sehr gut.

Mental Load: "Lange Liste an unsichtbaren Aufgaben"

Auf Instagram teilt sie seit Jahren genau solche Alltagsthemen mit ihren 160.000 Followern. Valeria bezeichnet sich selbst als Influencerin, spricht viel über Haushalt, Mental Load und Streit. "Viele Männer verstehen Mental Load nicht", sagt sie. Lange habe sie versucht, ihrem Mann mit einer Liste zu zeigen, wie viel Arbeit hinter all den unsichtbaren Aufgaben steckt. "Erst nach vier Jahren hat er es wirklich verstanden."

"Dass Frauen andere Frauen angreifen, enttäuscht mich"

Dass ihr Video kontroverse Reaktionen auslöst, überrasche sie nicht. Vor allem Männer würden kritisch kommentieren. "Von ihnen erwarte ich nichts. Die verstehen eh nicht, was wir durchmachen." Traurig würden sie vor allem Kommentare von anderen Müttern machen, wie sie erzählt. Dass ausgerechnet Frauen andere Frauen angreifen, enttäusche sie. "Ich will niemals so sein. Ich finde es schade für die Mütter, die so etwas lesen und sich dann infrage stellen."

Auf Instagram bekommt sie fast nur Zuspruch. "Das ist ein Safe Space. Dort sind viele Mütter." Das ist auch ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags: Valeria hat eine Community für Mütter gegründet. Bubamoms sei dafür da, dass Frauen Freundschaften knüpfen und offen über Überlastung, Zweifel und Mental Load sprechen können. "Viele fühlen sich allein, ich möchte das ändern", sagt sie. Für sie ist klar: "Man wird eine bessere Mutter, wenn man andere Mütter um sich hat, die die gleichen Erfahrungen machen."

Ist die Aufteilung von Haushalt und Kinderbetreuung ein häufiger Streitpunkt?

Anne Ehret: "In der Paarberatung begegnen mir oft Eltern, die darüber diskutieren. Häufig entsteht der Eindruck – besonders bei Frauen –, dass sie sich mehr Unterstützung wünschen würden."

Wie findet man eine Lösung, die für alle passt?

"Zunächst sollte man klären, was für jede Person realistisch machbar ist. Gleichzeitig hilft es, die eigenen Ansprüche nicht zu hochzusetzen. In unserer Gesellschaft sind diese teilweise recht ausgeprägt. Dabei kann man nicht allem gerecht werden, das zeigt die 'Zwei-von-Drei-Regel'."

Anne Ehret berät Paare im Kanton Zürich an der Beratungsstelle Männedorf.
20min.ch/Privat

Was besagt die?

"Dass man in der Regel nur in zwei von drei Lebensbereichen gleichzeitig vollem Einsatz geben kann – beim dritten muss man Abstriche machen. Zum Beispiel Kinder, Partnerschaft, Karriere. Wenn ich viel Energie in Job und Kinder investiere, bekommt die Partnerschaft vielleicht etwas weniger Aufmerksamkeit. Wichtig ist, gelassen zu bleiben, denn dies ändert sich mit der Zeit wieder. Und: Der Fokus sollte in keinem Bereich komplett verloren gehen."

Was haben Sie sonst für Tipps?

"Es kann hilfreich sein, klar festzulegen, wer in welchem Bereich die Hauptverantwortung übernimmt – etwa bei den Kindern. Eine komplett ausgeglichene 50/50-Aufteilung ist in der Praxis wegen Unvorhersehbarem häufig herausfordernd. Oft rutscht dann eine Person automatisch in die Verantwortung und fühlt sich irgendwann belastet."

Welche Verteilung funktioniert besser?

"Gute Erfahrungen habe ich mit einer Ressort-Aufteilung gemacht. Eine Person hat die Verantwortung, zum Beispiel für die Wäsche, die Küche oder eben die Kinderbetreuung. Das gibt der anderen Person die Möglichkeit, sich dort zu distanzieren. Es braucht die Bereitschaft, loszulassen und zu akzeptieren, dass die andere Person Dinge vielleicht anders macht, als man selbst."

"50/50 ist häufig schwierig"

Die Persönlichkeitsentwicklerin Anne Ehret berät Paare im Kanton Zürich an der Beratungsstelle Männedorf. Im Gespräch mit "20min" erzählt sie, wie schwierig es im Alltag ist, die Aufgaben zwischen Mann und Frau fair zu verteilen.

{title && {title} } NW, {title && {title} } Akt. 03.12.2025, 17:00, 03.12.2025, 15:52
Jetzt E-Paper lesen