Wien steht aktuell vor einer massiven Herausforderung in der medizinischen Grundversorgung – das ist auch für die Ärztekammer klar. An allen Ecken und Enden fehlen Kassenärzte; die verfügbaren Stellen werden der wachsenden Bevölkerung einfach nicht mehr gerecht.
➤Besonders betroffen ist in Wien die Allgemeinmedizin: 800 Kassenplanstellen gibt es in der Hauptstadt insgesamt – davon sind 690 aktiv in der Versorgung. Ganze 40,5 Stellen (die Kommazahlen ergeben sich durch Teilzeitstellen) sind unbesetzt. 69,5 Stellen sind bereits zugeteilt. "In diesem Zusammenhang bedeutet 'zugeteilt', dass die Stellen zwar bereits vergeben sind, aber aktuell noch nicht versorgungswirksam, da sie sich beispielsweise im Ausschreibungs- oder Invertragnahme-Prozess befinden", erklärt die Ärztekammer hierzu.
In Summe sind also aktuell 110 Stellen nicht besetzt – das sind knapp 14 %!
➤ Nächstes Sorgenkind ist die Frauenheilkunde und Geburtshilfe: Hier gibt es 102 Kassenplanstellen gesamt – davon 85 aktiv in der Versorgung, 6,5 unbesetzt und 10,5 zugeteilt.
➤ Kinder- und Jugendheilkunde in diesem Fachgebiet gibt es in Wien seit vielen Jahren einen Mangel. Derzeit bestehen in Wien 90 Kassenplanstellen, 78,5 davon sind besetzt, 4,5 unbesetzt und 7 zugeteilt. Es fehlt also mehr als jeder 10. Kinderarzt!
➤ In der Chirurgie gibt es etwas weniger Stellen, und zwar 44. Davon sind 36 aktiv in der Versorgung, 3 unbesetzt und 5 zugeteilt.
➤ Zuletzt ist auch die Dermatologie (Hautarzt) vom Ärztemangel stark betroffen, 77 Kassenplanstellen gibt es gesamt – davon 66,5 aktiv in der Versorgung, 3 unbesetzt und 7,5 zugeteilt.
Insgesamt sind also gerade jetzt 214 Arztstellen in Wien nicht aktiv besetzt (unbesetzte und zugeteilte Stellen zusammengerechnet).
"Seit 2012 ist die Bevölkerung der Stadt um rund 16 Prozent gewachsen, gleichzeitig ist die Zahl der Kassenärztinnen und -ärzte um 11 Prozent gesunken", heißt es von der Ärztekammer gegenüber "Heute". Es zeigt sich überall: in der Stadt wie am Land, in kleinen wie in großen Bezirken – vor allem in stark wachsenden, bevölkerungsreichen Stadtteilen, wo mehr Menschen leben, aber nicht entsprechend mehr Kassenärztinnen und -ärzte zur Verfügung stehen.
Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien, ist sich sicher: "Genug gewartet – die medizinische Versorgung für alle Menschen braucht jetzt eine umfassende Aufwertung des Kassensystems. Die Verantwortlichen müssen sofort handeln, um Wartezeiten spürbar zu verkürzen, die wohnortnahe Betreuung zu sichern und den ärztlichen Beruf wieder dauerhaft attraktiv zu machen."