Wer in Wien einen Termin bei einer Kassen-Gynäkologin braucht, braucht vor allem eines: Nerven aus Stahl. Laut Österreichischer Gesundheitskasse (ÖGK) sind von 102 Planstellen gerade einmal 86 besetzt – das sind 16 Prozent weniger, als nötig. Das Ergebnis: Überfüllte Wartezimmer, Absagen für neue Patientinnen und horrende Kosten für jene, die sich Wahlärzte leisten müssen.
"Die Zahl der verfügbaren Kassenstellen ist strukturell nicht an das Bevölkerungswachstum angepasst worden. Daher besteht ein erheblicher Mangel an Kassenvertragsärztinnen und -ärzten in Wien", warnt Georg Braun, Fachgruppenobmann für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Kammer für Ärztinnen und Ärzte gegenüber ORF Wien.
Laut einer Anfrage der Wiener Grünen gab es 2023 zwar über 380 gynäkologische Ordinationen – aber nur rund ein Viertel davon arbeitet mit Kassenvertrag. Und selbst diese sind oft überlastet. Die Wartezeit auf einen Termin? Im Schnitt 32 Tage. Zum Vergleich: 2012 waren es nur acht. Rund 30 Prozent der Praxen nehmen überhaupt keine neuen Patientinnen mehr auf.
Frauenärztin Myriam Stolz bestätigt: "Die Wartezeiten auf einen Termin betragen im Normalfall mehrere Wochen." Grund dafür seien Pensionierungen, Ordinationsschließungen und die Abwanderung von Patientinnen aus dem Umland nach Wien. Braune betont: "Die Frauenheilkunde zählt zu den am schlechtesten honorierten Fachgruppen in Wien."
Die Folgen können lebensgefährlich sein: Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten wie Gebärmutterhalskrebs verzögern sich – mit fatalen Konsequenzen. Auch Brustkrebs oder andere gynäkologische Erkrankungen werden später entdeckt. Besonders hart trifft es Schwangere, Frauen mit Behinderungen und sozial benachteiligte Patientinnen, die auf eine kostenlose und rasche Behandlung angewiesen sind.
Die ÖGK erklärt, dass es immer schwieriger werde, geeignete und barrierefreie Ordinationsräume zu finden. Der Wiener Pflege- und Patientinnenanwalt Gerhard Jelinek sieht das Problem woanders: "Mehr Kassenarztstellen sind nur durch eine Verschiebung von Mitteln in den niedergelassenen Bereich möglich."
Immerhin plant die ÖGK ein neues Frauengesundheitszentrum in den inneren Bezirken. Doch Jelinek drängt: "Es stellt sich ernsthaft die Frage, wann es endlich den neuen Gesamtvertrag zwischen ÖGK und Ärztekammer geben wird, sodass alle Patientinnen die gleichen Leistungen aus dem Gesundheitssystem beziehen können."