Ärtzekammer-Vize

"Drei Minuten pro Patient"– Ärztemangel immer schlimmer

Ärztekammer-Vize Kamaleyan-Schmied schlägt Alarm: Immer weniger Mediziner wollen in Wien Kassenverträge – bei Kindern und Frauen herrscht Mangel.
Thomas Peterthalner
11.05.2025, 14:30
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Der Mangel an Ärzten wird immer spürbarer. Grätzl ohne Kinder- oder Frauenärzte sind keine Seltenheit. "Es ist dringend an der Zeit, Kassenstellen aufzuwerten", fordert Dr. Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin der Ärztekammer für Wien, im Gespräch mit "Heute". Der Grund: Immer weniger Mediziner entscheiden sich für eine Kassenpraxis – besonders in der Kinderheilkunde, Gynäkologie und bei der Betreuung älterer Menschen wird der Mangel spürbar. Viele Stellen sind nach wie vor unbesetzt.

"Nur acht Euro pro Patient"

"Junge Kolleginnen und Kollegen legen Wert auf eine gute Work-Life-Balance. Als Kassenarzt kannst du dir nicht einmal den Urlaub selbst aussuchen", kritisiert Kamaleyan-Schmied. Die Selbstständigkeit sei mit vielen Nachteilen verbunden. Vor allem finanziell: "Wir verdienen, weil wir viele Patienten in kurzer Zeit durchschleusen müssen. Acht Euro zahlt die Kasse pro Konsultation. Oft bleiben drei Minuten pro Patient. Das ist wie am Fließband. Warum sollen wir so arbeiten, wenn es auch anders ginge?"

„Als Kassenarzt kannst du dir nicht einmal den Urlaub selbst aussuchen“
Dr. Naghme Kamaleyan-SchmiedVizepräsidentin der Ärztekammer für Wien

Ärzte schließen Ordination

Die Konsequenz: Wenn es geht, verabschieden sich Ärzte aus dem Kassensystem. "Ein Kollege, 45, hat seine Ordination geschlossen. Er hat gesagt, er mache mehr Bürokratie als Medizin. Jetzt macht er eine Facharztausbildung – in einem anderen Bundesland."

Ambulanzen sind überlastet

Auch auf Patientenseite zeigt sich das Problem deutlich: "Alle, die können, flüchten aus dem Kassensystem", so die Ärzte-Chefin. Die Ambulanzen sind überlastet – nicht nur wegen Personalmangel, sondern auch, weil viele Menschen gar nicht wissen, wohin sie sich bei gesundheitlichen Beschwerden wenden sollen.

"Menschen brauchen Gesundheitskompetenz"

Telemedizin-Angebote wie 1450 können nicht alle Probleme lösen, so Kamaleyan-Schmied. "Die Menschen brauchen mehr Gesundheitskompetenz. Sie müssen wissen: Wenn ich mich verletze, reicht dann ein Pflaster oder muss ich sofort ins Krankenhaus? Gefühlt alle gehen ins AKH. Dabei müsste das nicht sein."

Zusatzangebote beim Hausarzt

Ein weiterer Lösungsansatz: Hausärzte sollen Zusatzangebote anbieten dürfen – etwa einmal wöchentlich Therapeuten oder Diätologen in die Praxis holen. In Bezirken wie Wien-Floridsdorf wäre sogar noch mehr nötig: "Wir bräuchten auch Sozialarbeiter, die mitarbeiten."

"Wir sind bei der Gesundheitskompetenz um Jahre hinten", warnt Kamaleyan-Schmied – Sie wäre für einen Systemumbau, bevor sich noch mehr Kassenärzte verabschieden.

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